Genaue Entfernungsmessungen lösen Rätsel um Doppelsternsystem
Franziska Albers
Das Doppelsternsystem SS Cygni im Sternsystem Schwan liegt deutlich näher an der Erde als bisher angenommen. Das zeigen neue Messungen von einem internationalen Forscherteam um James Miller-Jones von der Curtin University in Australien. Mit den aktuellen Ergebnissen lösen die Wissenschaftler außerdem das Rätsel um die bisher unerklärliche Helligkeit des Sternsystems, wie sie nun in der Zeitschrift „Nature“ berichten.
Das Doppelsternsystem SS Cygni besteht aus einem Roten und einem Weißen Zwerg, die sich gegenseitig umkreisen. Rote Zwerge sind sehr kleine, aber aktive Sterne – in ihrem Inneren wird noch Wasserstoff fusioniert. Weiße Zwerge stellen das Endstadium massearmer Sterne da und sind nicht mehr aktiv. Im System SS Cygni fließt ständig Materie vom Roten Zwerg zu seinem Begleiter und sammelt sich dort in einer Scheibe um den Stern. Etwa alle 49 Tage leuchtet das System plötzlich hell auf. Zu diesem Ereignis, Zwergnova genannt, kommt es, wenn der Materiezustrom vom einem zum anderen Stern unter einen kritischen Wert sinkt, denn dann wird die Scheibe instabil. Fließt jedoch ein hoher Massestrom, bleibt die Scheibe stabil und es findet kein Helligkeitsausbruch statt.
Ältere Messungen mit dem Weltraumteleskop Hubble gingen davon aus, dass SS Cygni rund fünfhundert Lichtjahre von uns entfernt liegt. „Das war ein Problem. Bei dieser Entfernung wäre SS Cygni die hellste Zwergnova am Himmel gewesen und es hätte sich genug Masse durch seine Akkretionsscheibe bewegen müssen, um diese stabil zu halten – ohne solche Ausbrüche“, erklärt Miller-Jones. Die neuen Messungen zeigen nun eine viel geringere Distanz von SS Cygni zur Erde, weshalb das System tatsächlich weniger leuchtstark erstrahlt als bisher angenommen. „Unsere neue Entfernungsmessung hat das Rätsel um Cygnis Helligkeit gelöst, unsere Theorien passen letztlich doch“, fasst Miller-Jones die Ergebnisse zusammen.
Die verbesserten Messungen waren durch Radioteleskope und mithilfe vieler Amateurastronomen möglich. Die früheren Messungen waren im optischen Bereich gemacht worden, die Messung im Radiobereich ist jedoch genauer. Die Forscher beobachteten das Doppelsternsystem jeweils im März und im September, wo sich die Erde auf gegenüberliegenden Punkten um die Sonne befindet. Durch die Bewegung der Erde sieht man eine scheinbare Verschiebung des Doppelsternsystems im Bezug auf noch weiter entfernte Objekte, die sich kaum verschieben. Aus dieser sogenannten Parallaxe lässt sich dann durch geometrische Überlegungen die Entfernung von der Erde zum Doppelsternsystem bestimmen.
Die Forscher um Miller-Jones nutzten für ihre Beobachtungen von 2010 bis 2012 die großen Radioteleskope VLBA (Very Long Baseline Array) und EVN (European Very Long Baseline Interferometry Network). Radiostrahlung sendet SS Cygni allerdings nur während der Zwergnovae aus. Da diese regelmäßigen Helligkeitsausbrüche bis zu fünfzehn Tage zu früh oder zu spät auftauchen können, arbeitete das Team mit Amateurastronomen der American Association of Variable Star Observers zusammen: Die Wissenschaftler starteten die Beobachtung mit Radioteleskopen, wenn die Amateurastronomen meldeten, dass eine Nova bevorstand.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2013/genaue-entfernungsmessungen-loesen-raetsel-um-doppelsternsystem/