Wie Wasserdampf die Erwärmung verstärkt

Michael Ponater

Wasserdampfgehalt

Gasförmiges Wasser – Wasserdampf also – spielt im Klima eine wesentliche Rolle. Das liegt nicht allein an den Wolken. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Und dies wiederum führt zu einer positiven Rückkopplung von Temperaturänderungen.

Ohne Wasserdampf gäbe es weder Wolken noch Regen. Daher trägt das Gas wesentlich zum täglichen Wettergeschehen bei. Darüber hinaus ist Wasserdampf aber auch das wirksamste aller Spurengase, die in den Strahlungshaushalt der Erde eingreifen und so die mittlere Temperatur der Erdatmosphäre bestimmen. Das merkt man zum Beispiel in schwülen Nächten: Durch den hohen Wasserdampfgehalt der bodennahen Luft verringert sich die nächtliche Abkühlung des Erdbodens im Vergleich zu einer trockenen Wettersituation. Bei der von Menschen verursachten Erwärmung des Klimasystems macht sich Wasserdampf durch eine wichtige positive Rückkopplung bemerkbar.

Strahlungswirkung des Wasserdampfs

Einerseits nimmt Wasserdampf Sonnenstrahlung auf, andererseits aber auch die von der Erde ausgesandte Wärmestrahlung. Der zweite Effekt, der Treibhauseffekt des Wasserdampfs, ist für die Klimawirkung der weitaus wichtigere. Zwei Drittel des natürlichen Treibhauseffekts werden durch den Wasserdampf hervorgerufen. Wasserdampf absorbiert Strahlung in weiten Bereichen des infraroten Spektralbereiches – das ist die sogenannte Wärmestrahlung. Nur im „atmosphärischen Fenster“ – das heißt, bei Wellenlängen zwischen 8 und 13 Mikrometer – kann vom Erdboden ausgehende Strahlung die Atmosphäre weitgehend ungehindert passieren, ohne von Wasserdampf abgefangen zu werden (ein Mikrometer entspricht einem Millionstel Meter).

Weltkarte mit dunklen Markierungen für die Stellen mit besonders hohem Wasserdampfgehalt. Dieser ist besonders rund um den Erdäquator hoch.

Wasserdampfgehalt der Erdatmosphäre

Je feuchter und kälter eine Luftschicht ist, umso weniger Wärme strahlt der Boden ins All ab. Nimmt die Feuchtigkeit der Luft zu, dann absorbieren die zusätzlichen Wassermoleküle noch mehr infrarote Strahlung, welche von der Erdoberfläche nach oben ausgestrahlt wird. Es wird zwar auch in alle Richtungen mehr Energie abgestrahlt, allerdings mit geringerer Intensität wegen der niedrigeren Temperatur in der Atmosphäre. Damit ist der Energieverlust des Systems Erde-Atmosphäre kleiner, als er es wäre, wenn die Energie im Infrarotbereich direkt von der viel wärmeren Erdoberfläche aus ungehindert in den Weltraum gelangen würde. Die Folge ist eine Erwärmung der Luft unterhalb der Wasserdampfschicht, während sich darüber die Luft abkühlt.

Die Wasserdampfrückkopplung

Wasserdampf gelangt durch Verdunstung an der Erdoberfläche in die Atmosphäre, vor allem über den Ozeanen. Je höher die Temperatur ist, desto mehr Wasserdampf kann die Luft speichern. Im untersten Stockwerk der Atmosphäre – der Troposphäre – nimmt die Temperatur mit zunehmender Höhe immer weiter ab. Dadurch sinkt auch der Feuchtegehalt stark.

Gelangt durch menschliche Aktivitäten zusätzlicher Wasserdampf in die Troposphäre, führt das interessanterweise nicht zu einer verstärkten Klimawirkung. Die Verweilzeit von Wasserdampf ist nämlich zu gering, als dass geringe zusätzliche Emissionen seine mittlere Konzentration erhöhen könnten. Wolken und Niederschlag bilden sich so schnell, dass das Wasser innerhalb von Tagen wieder auf der Erdoberfläche ankommt.

Eine Wasserdampfänderung mit nachhaltiger Klimawirkung kann aber auf andere Weise eintreten: Durch eine positive Rückkopplung verstärkt das Gas die Wirkung anderer, langlebigerer Treibhausgase. Erwärmt sich die Troposphäre durch eine erhöhte Absorption von Strahlung – beispielsweise ausgelöst durch eine Zunahme der CO2-Konzentration –, wächst sowohl die Verdunstung an der Erdoberfläche als auch die Aufnahmefähigkeit der Luft für Wasserdampf. In einer erwärmten Troposphäre steigt darum der Wasserdampfgehalt und eine zusätzliche Strahlungserwärmung wird erzeugt. Das ist die positive Rückkopplung.

In Computermodellen wird für die aktuelle Klimaerwärmung eine Zunahme des atmosphärischen Wasserdampfs simuliert. Messungen mit verschiedenen Messsystemen belegen diese Zunahme. Die Wasserdampfrückkopplung in der Troposphäre gilt daher als einer der am besten verstandenen Rückkopplungsmechanismen im Klimasystem.

Offene Fragen in Bezug auf die Stratosphäre

Der allergrößte Teil des atmosphärischen Wasserdampfs befindet sich in den unteren Schichten der Troposphäre. Trotzdem kommt dem Wasserdampf im zweiten Stockwerk der Atmosphäre – der Stratosphäre – eine relativ bedeutende Rolle zu. Vor allem in der unteren Stratosphäre herrschen extrem niedrige Temperaturen, was die Treibhauswirkung durch Änderungen des Wasserdampfgehalts in diesen Schichten fördert. Global betrachtet könnte die Strahlungsrückkopplung durch Änderungen des stratosphärischen Wasserdampfs die gleiche Größenordnung wie entsprechende Rückkopplungen durch Wolken oder das Meereis erreichen.

Die physikalischen Prozesse, die den stratosphärischen Wasserdampfgehalt bestimmen, sind vielfältiger und weniger zuverlässig bekannt als im Falle des troposphärischen Wasserdampfs, der durch bodennahe Verdunstung (siehe oben) gesteuert wird. Wasserdampfmessungen in der Stratosphäre liegen seit 1960 vor, allerdings beruhen sie auf nur wenigen Instrumentensystemen und sind teilweise nur an wenigen Orten verfügbar. Die gemessenen Trends der stratosphärischen Feuchte schwanken von Dekade zu Dekade. Hinsichtlich des globalen Gesamteffekts ist die Rolle des stratosphärischen Wasserdampfs daher noch nicht hinreichend geklärt.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/atmosphaere/klimaforschung/wasserdampf/