Wie die Arktis atmen lernte
Vor 17,5 Millionen Jahren entstand zwischen Grönland und Svalbard die Framstrasse
Kiel - Über diese Öffnung oder diesen Korridor konnte das arktische Becken erstmals mit sauerstoffreichem Tiefenwasser versorgt werden. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt "Nature". Diese geologische Veränderung war aber nicht nur für Entwicklung des arktischen Ozeans wichtig, sondern auch für die Bildung der großen Meeresströmungen im Atlantik und dessen Sauerstoffversorgung. Denn über das sauerstoffreiche Tiefenwasser der Meeresströmungen wird auch der Atlantik mit Sauerstoff versorgt. Ursprünglich ging die Meeresforschung davon aus, dass diese Öffnung erst wesentlich später, vor etwa 10 Millionen Jahren entstanden ist.
"Durch diesen Korridor konnte erstmals sauerstoffreiches Wasser in das vormals abgekoppelte arktische Becken fließen", schreiben die Forscher rund um Martin Frank vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel. Auch für das globale Klima war die Entstehung der Framstrasse wichtig. "Die frühe Kopplung zwischen Atlantik und Arktis führte zu einer Änderung der Tiefenwasserzirkulation im Atlantischen Ozean, was sich wiederum auf das Klimageschehen im nordatlantischen Raum auswirkte." Denn damit "begann die tiefe Arktis zu atmen". Bislang beschränkte sich das Wissen über die Entwicklung des Arktischen Ozeans auf eine Million Jahre. Die neuen Forschungsergebnisse waren nur möglich, weil es den Forschern erstmals gelungen ist, Bohrungen von mehreren 100 Metern durchzuführen.
Mit Hilfe einer Bohrplattform und zwei Eisbrechern konnten die Forscher erstmals die gesamte Sedimentdecke des Lomonosov-Rückens in der Nähe des Nordpols durchbohren -- mit dem Ergebnis eines 428 Meter langen Bohrkerns. Die Forscher konzentrierten sich sehr schnell auf einen deutlichen Übergang in den Sedimenten in etwa 200 Metern Tiefe. Denn hier wechselten schwarz-graue Ablagerungen mit hohen Anteilen an organischem Kohlenstoff plötzlich mit dunkelbraunen Sedimentschichten ab, die nur noch wenig organischen Kohlenstoff enthielten. Diese dunklen Schichten wurden in einem sauerstofffreien Becken abgelagert. Mit Hilfe von Isotopenalanysen und anderen Daten ermittelten die Forscher das Alter der Schichten, und konnten so nachweisen, dass sauerstoffreiches Tiefenwasser erstmals vor 17,5 Millionen Jahren ins arktische Becken geflossen ist.
Schließlich konnten die neuen Erkenntnisse auch noch durch eine neue plattentektonische Rekonstruktion über die Öffnung der Framstrasse bestätigt werden: Geophysikalische und ozeanographische Berechnungen bestätigen, dass die Verbindung zwischen Arktis und Atlantik auch zu diesem frühen Zeitpunkt schon tief genug war, "um einen effizienten Austausch mit dem Nordatlantik zu gewährleisten", so Frank.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2007/wie-die-arktis-atmen-lernte/