Bohren für Forschung und Industrie
Am 19. Februar nahm das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) an der Geothermiebohrung Dürrnhaar (Bayern) offiziell die neue Tiefbohranlage InnovaRig in Betrieb. Damit steht eine der modernsten Bohranlagen der Welt für Bohrprojekte bis zu 5000 Meter Tiefe zur Verfügung.
Dürrnhaar/Potsdam - "Bohrungen sind ein unverzichtbares Werkzeug der Geowissenschaften", sagte dazu Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender des GFZ. Meistens behelfe man sich mit umgebauten Bohrgeräten aus der Explorationsindustrie, die aber wissenschaftlichen Anforderungen nur bedingt genügten. "Das GFZ Potsdam hat deshalb – finanziert über die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren – zusammen mit dem Unternehmen Herrenknecht ein völlig neues Bohranlagenkonzept für wissenschaftliche Tiefbohrungen entwickelt", erklärte Professor Hüttl.
Im Moment befindet sich die Anlage in ihrem Härtetest im operationellen Betrieb, in dem auf der Bohrlokation Dürrnhaar/Bayern zwei über 4400 Meter lange Bohrungen abgeteuft werden. Die erste Bohrung hat bereits die 3700-Meter-Marke überschritten, Zieltiefe ist 4441 Meter. Danach wird der Turm der Bohranlage um sechs Meter versetzt, um mit der zweiten Bohrung zu beginnen. Dieser kurze Abstand zwischen zwei Bohrungen ist eines der technischen Details der neuen Anlage.
Der Bedarf für ein modernes Bohrgerät wie zeigte sich in zahlreichen Forschungsbohrungen: Bohren bedeutet für das Personal körperliche und manchmal gefährliche Schwerarbeit. Umweltbeeinträchtigungen und bei industriellen Anlagen häufig unzureichende Ausrüstung zur wissenschaftlichen Untersuchung des erbohrten Gesteins sind weitere Probleme.
InnovaRig setzt hier konzeptionell an: unfallträchtige Arbeiten wurden minimiert oder gar ganz abgeschafft, die Anlage hinterlässt wegen optimierter Schallschutzmaßnahmen, Einhaltung von Abgasnormen und Vermeidung von Kontaminationen geringe ökologische Fußspuren und sie arbeitet kostengünstiger als herkömmliche Bohrgeräte.
Die speziellen Anforderungen der Forschung wurden im neuen Konzept optimal umgesetzt. So ist es möglich, unterschiedliche Bohrverfahren ohne nennenswerten zusätzlichen technischen Aufwand einzusetzen und insbesondere schnell und kostengünstig Bohrkernarbeiten durchzuführen. Die entsprechenden Vorrichtungen und Instrumente wurden in die Anlage integriert. Ebenso wurden Einrichtungen für die schnelle Durchführung von Bohrlochmessungen, kontinuierliche Datenerfassung und -speicherung sowie für die Analyse der Bohrspülung eingebaut.
Die Anlage wird aus den Investitionsmitteln des Forschungsbereichs Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren finanziert, hinzu kommen Eigenanteile des GeoForschungsZentrums und Industriebeteiligungen. Das Gesamt-Investitionsvolumen für InnovaRig liegt bei 18 Mio. Euro.
Nach Abschluss der ersten Bohrung wird in Dürnnhaar eine zweite Bohrung mit ebenfalls rund 4400 Metern Teufe gebohrt. Diese Doublettenbohrung folgt dem Konzept der Förderung des warmen Tiefenwassers aus einer Bohrung und des Rückpumpens des erkalteten Wassers in die zweite Bohrung.
In der zweiten Jahreshälfte wird die InnovaRig dann in Hannover ein sehr spezielles Demonstrationsprojekt für die Geothermiegewinnung in nur einem Bohrloch abteufen. Eine weitere Nutzung soll auch im Rahmen des Internationalen Kontinentalbohrprogramms ICDP erfolgen, das bekanntlich am GFZ koordiniert wird.
Welt der Physik
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2008/bohren-fuer-forschung-und-industrie/