Sommer beginnt zehn Tage früher als vor 50 Jahren
Jan Oliver Löfken
Mit Temperaturen von über 20 Grad verschwinden in Deutschland gerade die letzten Anzeichen des Winters. Schon seit Jahren scheint der Frühling mit sprießenden Blumen und ausschlagenden Bäumen immer früher zu beginnen. Über diese Indizien hinaus gelang es nun einer Forschergruppe, die Verschiebung der Jahreszeiten mit langjährigen Wetteraufzeichnungen zu belegen. In der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ berichten sie, dass in Europa das meteorologische Sommerhalbjahr mittlerweile etwa zehn Tage früher beginnt als noch vor 50 Jahren. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich diese Zeitspanne sogar auf 20 Tage vergrößern.
Für ihre Analyse teilten Christophe Cassou und Julien Cattiaux vom Centre National de Recherche Météorologique im französischen Toulouse den Ablauf der Jahreszeiten in Europa vereinfacht in ein Sommer- und ein Winterhalbjahr. Als Maßstab nutzten sie zwei dominierende Wetterlagen: So wird das Wetter in Europa einerseits von westlichen Winden vom Atlantik beeinflusst. Andererseits können ausgeprägte Hochdruckgebiete im Osten Europas diesen Atlantikeinfluss mit feuchter Luft und gemäßigten Temperaturen blockieren. Das führt im Winter zu klaren und kalten Tagen, im Sommer zu trockenen und heißen Perioden. Den Beginn des Sommerhalbjahres definierten sie nun als jenen Zeitpunkt, in dem der kontinentale Einfluss aus dem Osten nicht mehr zu einer Abkühlung führt, sondern West- und Mitteleuropa erstmals erwärmt.
Die Forscher werteten Temperaturdaten aus dem Zeitraum von 1950 bis 2010 aus. Diese Analysen ergänzten sie mit gängigen Klimamodellen und konnten so einen Trend für die zukünftige Entwicklung bis zum Ende des Jahrhunderts identifizieren. Die Messdaten belegten, dass der meteorologisch definierte Sommerbeginn in den 1960er Jahren noch um den 12. April lag. In den vergangenen zehn Jahren begann der wärmende Einfluss aus dem Osten immer zwischen dem 1. und 5. April, im Durchschnitt etwa zehn Tage früher. Verantwortlich dafür sei das immer früher einsetzende Abschmelzen der kühlenden Schneedecke in Osteuropa.
Die Analyse zeigte weiterhin, dass natürliche Klimaschwankungen dieses Phänomen kaum erklären konnten. So erkennen Cassou und Cattiaux eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass der immer frühere Beginn des Sommerhalbjahres eine Folge der ansteigenden CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre, also wesentlich vom Menschen vorursacht ist. Mit der Annahme, dass erst zum Ende des Jahrhunderts die globalen CO2-Emissionen sinken werden, könnte der Beginn des Sommerhalbjahres bis 2100 sogar bis auf den 25. März – 20 Tage früher als in den 1960er Jahren – vorrücken.
Wissenschaft aktuell gemäß den Bedingungen der Quelle
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2016/sommer-beginnt-zehn-tage-frueher-als-vor-50-jahren/