Wenn sich Wolken einfach auflösen

Im Südosten des Atlantiks verschwinden Wolken zuweilen wie von Geisterhand. Wissenschaftler liefern nun eine mögliche Erklärung: atmosphärische Schwerewellen.

Sven Titz

Satellitenaufnahme. Man erkennt Wolken mit einer scharf geschnittenen Kante über dem Meer. Rechts davon ist eine Küste zu sehen.

North Carolina State University

Beobachtungen mit Satelliten haben ein ungewöhnliches Phänomen im Südosten des Atlantiks enthüllt: Dort lösen sich vor allem im Mai wiederholt und plötzlich Wolken über dem Meer auf. Wissenschaftler stellen in der Zeitschrift „Science” nun eine mögliche Ursache vor. Demnach sorgen atmosphärische Schwerewellen für Turbulenzen in den Luftschichten, wodurch die Wolken letztlich verschwinden.

Schwerewellen entstehen in stabil geschichteter Luft, wenn das Gleichgewicht zwischen Auftriebskraft und Erdanziehungskraft gestört wird. Solche Schwerewellen bilden sich auch vor der Westküste Afrikas, vermutet das Team um Sandra Yuter von der North Carolina State University in Raleigh, wenn der nächtliche Land-See-Wind mit der stabil geschichteten Luft über dem Ozean wechselwirkt. Die Forscher untersuchten das Phänomen der verschwindenden Wolken – das typischerweise über dem Meer westlich von Angola und Namibia auftritt – nun anhand von Satellitenbildern.

Gegen Mitternacht lösen sich zunächst die Wolken nahe der Küste auf, dann setzt sich das Phänomen entlang einer Art Front fort. Diese Front erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung über ungefähr tausend Kilometer und wandert mit einer Geschwindigkeit von 28 bis 44 Kilometer pro Stunde nach Westen – bis zu 1500 Kilometer weit. An manchen Stellen lösen sich die Wolken vollständig auf, berichten die Wissenschaftler, an anderen Stellen nur teilweise. Es lässt sich allerdings nicht so einfach erklären, warum Schwerewellen zum Verschwinden von Wolken führen können. Denn durchlaufen Schwerewellen eine Wolke, würde sich deren Aussehen zwar kurzzeitig verändern. Schließlich sollte sie aber wieder ihre ursprüngliche Form annehmen. Die Satellitenbilder zeigen allerdings, dass sich Wolken über dem Südatlantik für längere Zeit auflösen.

Yuter und ihre Kollegen nehmen an, dass durch die Passage der Schwerewellen turbulente Strömungen in der Atmosphäre entstehen. Durch diese Verwirbelungen gelangt warme, trockene Luft aus größeren Höhen in die Wolkenschicht. In der Folge sinkt die Luftfeuchte – und die Wolken verdunsten. Um die beteiligten Mechanismen noch genauer aufzuklären, sind nach Ansicht der Forscher weitere gezielte Beobachtungen notwendig. Neben Satellitenmessungen wären dabei auch Messungen mit Fallsonden, Radargeräten und Lasergeräten denkbar.


North Carolina State University

Am 26. Mai 2014 lösten sich Wolken vor der afrikanischen Westküste allmählich auf.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2018/wenn-sich-wolken-einfach-aufloesen/