Unterschätztes Extremwetter

Neue Analysen zeigen, dass in Zukunft häufiger Hitze, Starkregen und Dürre als bisher angenommen drohen.

Jan Oliver Löfken

Dunkle Wolken und Blitze über einer Wüstenlandschaft

mdesigner125/Thinkstock

Trotz historischer Wetterdaten und ausgeklügelter Klimamodelle ist die Vorhersage von zukünftigen Wetterextremen ausgesprochen schwierig. Doch zumindest für Hitzewellen und Starkregen müsse im Zuge des Klimawandels mit einer Zunahme gerechnet werden. Die Wahrscheinlichkeit beider Wetterextreme sei auf der Grundlage historischer Wetterdaten bisher drastisch unterschätzt worden, berichtet nun Klimaforscher Noah S. Diffenbaugh von der Stanford University in der Fachzeitschrift „Science Advances“. Seine Aussage beruht auf detaillierten Vergleichen von älteren Vorhersagen mit tatsächlich eingetretenen Wetterextremen.

„Als ich auf die Ergebnisse schaute, hatte ich das bedrückende Gefühl, dass unsere bisherige Analysemethode für Wetterextreme komplett falsch war“, sagt Diffenbaugh. Dazu betrachtete er die tatsächlich aufgetretenen Wetterextreme zwischen den Jahren 2006 und 2017. Diese Daten verglich er mit seinen Vorhersagen für diesen Zeitraum, die er auf Wetteraufzeichnungen aus den Jahren 1961 bis 2005 aufgebaut hatte. Das Ergebnis: Sowohl die Vorhersagen für extreme Hitzetage in Europa und Ostasien als auch für Starkregen in den gleichen Regionen und den USA lagen nur bei der Hälfte der tatsächlichen Wetterextreme. Weniger groß waren die Abweichungen nur für extrem trockene Wetterlagen. Insgesamt wurde jedoch die Wahrscheinlichkeit für Wetterextreme auf der Basis älterer Wetterdaten deutlich unterschätzt. Die Ursache für diese Fehleinschätzung sieht Diffenbaugh in dem bereits starken Einfluss des laufenden Klimawandels und auch in der relativ geringen Anzahl der extremen Wetterereignisse. Für zukünftige Prognosen von Extremwetter greift daher die bisher etablierte Analyse der Vergangenheit zu kurz. Vielmehr müssten zusätzlich Klimamodelle stärker für verlässlichere Prognosen berücksichtigt werden.

Unabhängig von der aktuellen Studie präsentierte diese Woche der Deutsche Wetterdienst eine Klimavorhersage für die kommenden zehn Jahre. In Deutschland könne es im Jahr 2020 in allen deutschen Regionen um ein bis anderthalb Grad wärmer werden als im Mittel des Vergleichszeitraums 1981 bis 2010. Für die Jahre 2025 bis 2029 erwarten die Forscher im westlichen und östlichen Teil Deutschlands durchschnittlich sogar anderthalb bis zwei Grad höhere Temperaturen. Berechnungen des Niederschlags der kommenden zehn Jahre deuten an, dass etwa der Fünfjahreszeitraum von 2020 bis 2024 aber zu trocken ausfällt. „Unser Wetter und Klima wird extremer – weltweit, in Europa und hierzulande“, fasst Gerhard Adrian, Präsident der Weltorganisation für Meteorologie und des Deutschen Wetterdienstes die Ergebnisse zusammen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2020/unterschaetztes-extremwetter/