Der Effekt negativer Emissionen

Die Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre ist möglicherweise weniger wirksam als bislang angenommen.

Jan Oliver Löfken

Wald von unten nach oben fotografiert

Jan Rozehnal/iStock

Damit das Klimaziel – die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu beschränken – erreicht werden kann, müsste auch Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre entnommen werden. Dies kann etwa durch verstärkte Aufforstung oder eine direkte Entnahme aus der Luft mit anschließender Lagerung des CO2 im Untergrund geschehen. Doch die Entnahme aus der Atmosphäre ist möglicherweise weniger wirksam als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommen Klimaforscher, indem sie die Folgen der Emission und Entnahme von CO2 miteinander verglichen. Ihre überraschenden Erkenntnisse über den Kohlenstoffkreislauf veröffentlichen sie nun in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“.

Mithilfe von Simulationen des Erdsystems untersuchten Kirsten Zickfeld von der Simon Fraser University im kanadischen Burnaby und ihre Kollegen, wie die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre den Kohlenstoffkreislauf beeinflusst. Eigentlich sollte die Entnahme von einer Tonne Kohlenstoffdioxid – eine sogenannte negative Emission – die Wirkung von einer zuvor emittierten Tonne – also einer positiven Emission – genau ausgleichen können. Doch die Simulationen zeigen nun, dass diese Annahme zu kurz greift. Denn die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre wirkt sich deutlich komplexer auf den globalen Kohlenstoffkreislauf aus als bislang angenommen.

In ihren Erdsystemmodellen gingen Zickfeld und ihre Kollegen von unterschiedlichen CO2-Entnahmen und -Emissionen zwischen 100 und 1000 Gigatonnen aus. 100 Gigatonnen entsprechen ungefähr dem Zehnfachen der jährlichen Emission von Kohlenstoffdioxid. Die Folgen dieser negativen und positiven CO2-Emissionen betrachteten die Forscher dann auf einer Zeitskala von bis zu 1000 Jahren. Das Ergebnis: Die Entnahme von CO2 führt zu einer geringeren Reduktion des CO2-Anteils in der Atmosphäre, als sich umgekehrt die CO2-Emission auf einen Anstieg der Konzentration auswirkt. Es müsste also mehr CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden, um den Effekt des zuvor ausgestoßenen CO2 auszugleichen.

Damit die Modelle von Zickfeld und ihren Kollegen zukünftig als Grundlage für Maßnahmen zum Klimaschutz dienen können, müssten die konkreten Folgen der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre aber noch genauer untersucht werden. Zudem befinden sich die Technologien zur Entnahme von CO2 erst in einer frühen Entwicklungsphase und deren Effizienz, Kosten und Nebeneffekte lassen sich bislang noch nicht absehen. So sollte umso mehr die Emission von CO2 vermieden werden, um eine spätere Notwendigkeit der CO2-Entnahme zu verringern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2021/der-effekt-negativer-emissionen/