Klimarätsel um warme Meere gelöst

Forscher zeigen, dass die ungewöhnliche Warmphase vor etwa 10 000 Jahren nicht existierte, und bringen damit Klimamodelle und Messwerte wieder in Einklang.

Jan Oliver Löfken

Foto von unten auf die Wasseroberfläche; Sonnenstrahlen verbreiten sich im Wasser

katatonia82/iStock

Weichen Messdaten von den Ergebnissen der Klimamodelle ab, stellen Skeptiker des Klimawandels oftmals die gesamte vom Menschen verursachte Erderwärmung infrage. Ein Beispiel dafür sind die relativ hohen mittleren Temperaturen der Meere vor 6000 bis 10 000 Jahren, die sich mit den Klimamodellen nicht erklären lassen. Doch nun gelang es einer internationalen Forschergruppe, genau diese Diskrepanz mit einer neuen Analyse aufzulösen. In der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten sie ihre für die Klimaforschung wichtigen Ergebnisse, die keinen Zweifel mehr am Klimawandel zulassen.

Die mittleren Temperaturen der Meere in den vergangenen Jahrtausenden lassen sich mithilfe von Sedimenten am Meeresboden rekonstruieren. Denn in diesen lagern sich über Tausende von Jahren hinweg kleinste Lebewesen wie Plankton ab, aus denen Forscher auf die jeweils herrschende Wassertemperatur an der Meeresoberfläche rückschließen können. Doch diese Daten können aufgrund saisonaler Schwankungen verfälscht sein, wodurch sie teilweise von den Ergebnissen der Klimamodelle abweichen. Um diese Diskrepanz besser zu verstehen, untersuchten Samantha Bova von der Rutgers University in New Brunswick und ihre Kollegen die saisonalen Schwankungen nun nochmals genauer.

Zwei Forscherinnen und zwei Forscher auf dem Deck eines Expeditionsschiffes

Samantha Bova (2. v. rechts) und Kollegen

Zunächst betrachteten die Forscher in ihren neuen Analysen die letzte Warmzeit vor 128 000 bis 115 000 Jahren. In diesem Zeitraum waren zwar die saisonalen Schwankungen größer als heute, doch die Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre blieb weitestgehend konstant. Auf Basis dieser Informationen bestimmten Bova und ihre Kollegen mit großer Sicherheit die saisonalen Abweichungen der Temperaturdaten. Zusätzlich ermittelten sie aus Sedimenten die Wassertemperaturen und korrigierten die Daten basierend auf den saisonalen Schwankungen. Damit erhielten sie die mittlere Temperatur jeweils für ein ganzes Jahr. Nach der Korrektur entsprachen die Daten weitestgehend den mit Klimamodellen berechneten Temperaturen.

Ihr Verfahren übertrugen die Forscher auch auf das Holozän, das vor etwa 12 000 Jahren nach dem Ende der letzten Eiszeit begann. Wieder ließ sich die aus Sedimentproben ermittelte Temperaturkurve von den saisonalen Schwankungen bereinigen und korrigieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die ungewöhnliche Warmphase vor 10 000 bis 6000 Jahren nicht existierte, sondern eine Fehlinterpretation der Sedimentdaten ist. Stattdessen steigen seit 12 000 Jahren die mittleren Temperaturen des Wassers an der Meeresoberfläche stetig an. Das entspricht exakt den Vorhersagen der Klimamodelle.

Demnach war für die erste Phase der Erwärmung das fortschreitende Abschmelzen der Eiszeitgletscher verantwortlich. Für die zweite Phase – die bis heute andauert – machen Forscher die Zunahme an Kohlendioxid in der Erdatmosphäre als Ursache aus. „Unsere Rekonstruktion zeigt zudem, dass die erste Hälfte des Holozäns kälter war als in industriellen Zeiten“, so Bova. Nach dieser Analyse stimmen die neu rekonstruierten mit den aus Klimamodellen berechneten Werten überein. Damit bleibt kein Zweifel mehr an der Qualität der Klimamodelle und dem vom Menschen verursachten Klimawandel.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2021/klimaraetsel-um-warme-meere-geloest/