Vulkanausbrüche früher vorhersagen
Seit dem 19. September dieses Jahres kommt es auf der Kanareninsel La Palma zu Ausbrüchen des Vulkans Cumbre Vieja. Seit mehr als zwei Wochen dringt mittlerweile glühende Lava aus mehreren Spalten des Vulkans an die Oberfläche und zerstörte so bereits zahlreiche Häuser. Bei diesem aktuellen Ausbruch handelt es sich um einen relativ langsamen – doch Vulkane können auch explosiv ausbrechen. Eine Gruppe von Geophysikern fand nun eine Möglichkeit, das unterschiedliche Ausbruchsverhalten von Vulkanen genauer vorherzusagen und damit das Risiko eines Ausbruchs zukünftig besser einzuschätzen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichten, spielt dabei die Zusammensetzung des Magmas in der Magmakammer eine wichtige Rolle.
Unmittelbar vor dem Ausbruch eines Vulkans steigt heißes Gestein aus der Magmakammer durch einen oder mehrere Schachte an die Erdoberfläche. In diesen sogenannten Schloten entscheidet sich, auf welche Weise der Vulkan ausbricht: Enthält das Magma nur wenige Gasblasen, dringt die flüssige Gesteinsmasse – wie beim aktuellen Ausbruch auf La Palma – relativ ruhig an die Oberfläche. Von dort fließt die Lava über Tage und Wochen die Vulkanhänge hinab – man spricht von einem effusiven Ausbruch. Ist der Gasgehalt im Magma allerdings höher, entlädt sich der Vulkan explosionsartig, was für die Menschen in der näheren Umgebung sehr gefährlich werden kann. Doch der Gasgehalt des Magmas im Schlot lässt sich in der Regel nur wenige Minuten vor einem Ausbruch bestimmen – viel zu kurz, um etwa eine ganze Region zu evakuieren. Deshalb suchte der Vulkanologe Răzvan-Gabriel Popa von der ETH Zürich mit seinen Kollegen nach einer neuen Möglichkeit, um deutlich früher vor explosiven Vulkanausbrüchen zu warnen.
Für ihre Analyse untersuchten die Geowissenschaftler die gesammelten Daten von insgesamt 245 vergangenen, effusiven sowie explosiven Vulkanausbrüchen. Dabei zeigte sich, dass die Art eines Ausbruchs in sehr vielen Fällen mit den Eigenschaften des Magmas in der Magmakammer vor dem Ausbruch zusammenhängt: Bei einer bestimmten Zusammensetzung des Magmas aus kristallinem Gestein – wie etwa Granit – und gelöstem Wasser, brechen Vulkane bevorzugt explosiv aus. Ist dagegen mehr kristallines Gestein vorhanden oder liegt der Wassergehalt entweder über oder unter dem der eruptiven Ausbrüche, treten vor allem effusive Ausbrüche auf.
„Das bedeutet, dass wir aufgrund der Eigenschaften des Magmas in der Magmakammer möglicherweise vorhersagen können, ob ein Vulkan eher explodiert oder nicht“, sagt Popa. So bietet diese Studie einen vielversprechenden Ansatz, um das Risiko zukünftiger Vulkanausbrüche besser abzuschätzen. Denn die Eigenschaften des Magmas in der Magmakammer lassen sich mit geophysikalischen Methoden, wie etwa der Messung von elektromagnetischen Feldern im Untergrund, bestimmen. Sollten weitere Analysen die gefundenen Zusammenhänge bestätigen, ließe sich dann aus diesen Daten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf die Art von zukünftigen Ausbrüchen schließen.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2021/vulkanausbrueche-frueher-vorhersagen/