Magmakammer größer als bisher angenommen
Im Yellowstone-Nationalpark befindet sich einer der größten Supervulkane der Welt. Seine an der Oberfläche sichtbaren Ränder – die sogenannte Caldera – erstrecken sich über Dutzende von Kilometern. Obwohl der Yellowstone zu den am besten untersuchten Vulkanen zählt, liefern neue Messungen immer noch überraschende Ergebnisse. So wiesen Vulkanologen mit optimierten seismischen Methoden nun nach, dass die Magmakammer im Untergrund etwa doppelt so groß ist als bisher angenommen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, weisen diese Ergebnisse aber nicht auf ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Ausbruch hin.
Für ihre neue Analyse griffen Ross Maguire von der University of Illinois in Urbana und seine Kollegen auf Messdaten der vergangenen zwanzig Jahre zurück. In diesem Zeitraum erschütterten mehrere schwache bis mittelstarke Erdbeben die Region um den Yellowstone-Nationalpark. Bei diesen Erdbeben breiteten sich seismische Wellen durch das vulkanische Gebiet aus und wurden durch ein engmaschiges Netzwerk an zahlreichen Detektoren – den Seismometern – aufgezeichnet. Diese Daten werteten die Forscher mit einer neuen tomografischen Methode – der sogenannten „full waveform inversion“ – aus und erhielten so dreidimensionale Bilder der Magmakammer im Untergrund.
Maguire und seine Kollegen betrachteten mit der neuen Methode vor allem die Geschwindigkeiten genauer, mit denen sich Scherwellen – eine bestimmte Art seismischer Wellen – nach einem Erdbeben durch die Erde ausbreiten. Denn in fester, steiniger Umgebung breiten sich diese schneller aus als in zumindest teilweise geschmolzenem Material. Relativ langsame Scherwellen mit einer Geschwindigkeit von weniger als 2300 Meter pro Sekunde wiesen so auf eine sehr große Magmakammer hin, die sich zwischen drei und acht Kilometern Tiefe befindet. „Dank dieser Methode erkannten wir, dass das Reservoir des Yellowstone-Vulkans etwa doppelt so viel Magma enthält als bisher angenommen“, sagt Maguire.
Diese Magmakammer wird gespeist von einem sogenannten Hotspot, der bis zur Grenze des oberen Erdmantels in mehr als 40 Kilometer Tiefe reicht. Über einen langen Schlot steigt geschmolzenes Gestein aus diesem Hotspot auf und füllt nach und nach die Magmakammer. „Aber unsere Studie weist nicht auf eine neue Ansammlung von Magma hin“, sagt Maguire. Vielmehr liefere die verbesserte Analysemethode ein klareres Bild von der bestehenden Magmakammer. Somit ist auch nicht von einem erhöhten Risiko für einen neuen, gigantischen Ausbruch auszugehen. Der letzte Ausbruch mit Auswirkungen rund um den Globus ereignete sich vor etwa 640 000 Jahren. In den vergangenen 10 000 Jahren konnten bisher nur wenige, sehr kleine Ausbrüche, sogenannte Dampfexplosionen, nachgewiesen werden.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2022/supervulkan-magmakammer-groesser-als-bisher-angenommen/