Tauender Permafrost bedroht Infrastruktur
In weiten Regionen der Nordhalbkugel ist der Boden selbst im Sommer dauerhaft gefroren. Doch aufgrund der zunehmenden Erderwärmung tauen diese als Permafrost bezeichneten Böden nun teilweise auf. Wie eine Forschergruppe nun berichtet, sind dadurch zahlreiche Häuser, Straßen, Brücken und Pipelines auf Permafrostböden bedroht. Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnten 30 bis 50 Prozent dieser Infrastruktur beschädigt oder gar zerstört werden – so die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Earth & Environment“.
Als Permafrost bezeichnet man Boden oder Fels, der länger als zwei Jahre gefroren bleibt. Auf der Nordhalbkugel sind immense Flächen mit solchen Böden bedeckt. So sind nahezu die komplette Oberfläche Grönlands, 80 Prozent der Böden Alaskas sowie zwei Drittel von Russlands und die Hälfte von Kanadas Böden dauerhaft gefroren. Doch wenn sich die Permafrostböden erwärmen, schmilzt gefrorenes Eis darin zu flüssigem Wasser – der Permafrost taut.
Wasser hat jedoch eine höhere Dichte als Eis und nimmt daher weniger Raum als Eis ein, weshalb die Böden beim Schmelzen des Eises auflockern und sogenannte aktive Schichten mit flüssigem Wasser bilden. Schmelzen die Böden nun im Lauf der Jahreszeiten auf und frieren erneut, senken und heben sich die Böden und schädigen so beispielsweise Gebäude und Straßen. Eine weitere Folge der tauenden Permafrostböden ist, dass Felsen und Berge instabiler werden, sodass tauende Permafrostböden auch Bergrutsche und Gesteinslawinen hervorrufen.
Welche Auswirkungen sich aus dem tauenden Permafrost bis zum Jahr 2050 ergeben, berichten nun Jan Hjort von der Universität Oulu in Finnland und seine Kollegen. Dazu haben sie den Rückgang des Permafrosts, den aktuelle Klimamodelle vorhersagen, in verschiedenen Regionen betrachtet und daraus die Folgen für die dortige Infrastruktur abgeleitet: Da weite Gebiete nur in den Sommermonaten auftauen und im Winter wieder gefrieren werden, verlieren die Böden ihre Tragfähigkeit und lassen Gebäude absacken. Zwar sind die nördlichen Permafrostgebiete relativ dünn besiedelt. Doch insgesamt 120 000 Gebäude, 40 000 Kilometer Straße und 9500 Kilometer Pipelines sind vom tauenden Permafrost bedroht. Schon mit der aktuellen Erwärmung von 0,29 Grad Celsius zwischen den Jahren 2007 und 2016 sind erste Schäden zu beobachten.
Völlig hilflos ist man im hohen Norden diesen Folgen jedoch nicht ausgesetzt. Derzeit sind mehrere Verfahren in der Entwicklung, um die Folgen des schwindenden Permafrosts abzumildern. So könnte man etwa die Fundamente von Gebäuden verstärken oder in den Sommermonaten großflächig reflektierende Folien verteilen, sodass die Böden weniger Wärme aufnehmen. Darüber hinaus ließe sich der Permafrost durch Bohrungen besser durchlüften, wodurch er zusätzlich Wärme abgibt – der verbleibende Permafrost würde also stabilisiert. Doch auch diese aufwendigen Maßnahmen werden die Auswirkungen wohl nur um einige Jahre verzögern.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2022/tauender-permafrost-bedroht-infrastruktur/