Ringlaser bestimmt veränderte Tageslängen

Ein einzigartiger Sensor misst Abweichungen in der Erdrotation und der Tageslänge auf Millisekunden genau.

Jan Oliver Löfken

Erde von der ISS aus mit Blick auf den Sonnenaufgang über den Pazifik

JSC

Die Erde ist alles andere als eine starre, perfekte Kugel: Ständig bewegen sich die flüssigen Gesteinsmassen im Erdinneren, das Wasser der Ozeane, die Eisschilde und die Atmosphäre. Dadurch verändert sich die Drehgeschwindigkeit der Erde permanent und unberechenbar. Somit sind Tage mal etwas kürzer und mal etwas länger als 24 Stunden – allerdings nur minimal. Nun gelang es einer Arbeitsgruppe, diese Abweichungen der Tageslänge mit einem speziellen Ringlaser auf Millisekunden genau zu messen. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Photonics“ berichten, kann ihr neues Messverfahren zu einer deutlich besseren Korrektur von Positionsmessungen per Satellit führen als bisher.

Die Grundlage für den empfindlichen Sensor, den Ulrich Schreiber von der Technischen Universität München und sein Team entwickelt haben, bilden zwei Laserstrahlen. Diese strahlen in entgegengesetzte Richtungen durch einen quadratischen Strahlengang, bis sie wieder aufeinandertreffen. Weil das Licht dabei gewissermaßen im Kreis gelenkt wird, bezeichnen Forschende solch ein Instrument auch als Ringlaser. Aufgrund der Drehung der Erde verändert sich die relative Wegstrecke je nach Richtung, in die die Laser strahlen: Ein Laserstrahl hat eine längere, der andere eine minimal kürzere Strecke zu bewältigen. Schaltet man sie nun zu einem sogenannten Laserinterferometer zusammen, überlagern sich die beiden Laserstrahlen – die Frequenz, die dabei herauskommt, variiert je nach Wegstrecke der Strahlen. Somit lässt sich auf die Rotationsgeschwindigkeit der Erde schließen.

Massiver Aufbau ermöglicht exakte Messungen

Metallische Scheibe in einem Raum mit Betondecke, auf dem sich röhrenartige maschinelle Aufbauten befinden

Geodätisches Observatorium Wettzell

Der technische Aufwand für den neuen Rotationssensor ist groß. So mussten die Forscher das Auflösungsvermögen kommerziell verfügbarer Sensoren um etwa das Hunderttausendfache steigern. „Das gelang uns durch eine enorme Vergrößerung des Sensors“, sagt Schreiber. Das Lasersystem umfasst einem 16 Meter langen Strahlengang. Um Erschütterungen und weitere störende Einflüsse der Umwelt zu minimieren, haben Schreiber und sein Team den Ringlaser zudem auf einem massiven Betonblock in einem unterirdischen Labor im bayrischen Wettzell gelagert.

Dank dieses Aufwands konnten die Physiker die Erdrotation über einen Zeitraum von 120 Tagen auf wenige Millisekunden genau bestimmen. Zudem ermöglicht ein Korrekturprogramm ihnen, die Erddrehung mit dem Ringlaser alle drei Stunden zu messen. Es berücksichtigt etwa die gegenseitige Beeinflussung der Laserstrahlen oder Auswirkungen der Anziehung von Sonne und Mond auf die feste Erde. Bisherige Methoden, die auf Positionsdaten hunderter, weltweit verteilter Ortungssensoren beruhen, liefern dagegen nur einen Korrekturwert pro Tag. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wollen Schreiber und sein Team ihre Messungen nun weiter optimieren. Anschließend wollen sie diese dem Internationalen Erdrotationsdienst IERS zur Verfügung stellen, so Schreiber, um die Messungen solcher Ringlaser für eine bessere Korrektur von Satellitenortungssystemen zu nutzen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2023/erddrehung-ringlaser-bestimmt-veraenderte-tageslaengen/