Tauender Permafrost beschleunigt Erosion
Die Böden weiter Landstriche in der Arktis sind heute noch dauerhaft gefroren. Doch dieser Permafrost taut im Zuge der Klimaerwärmung nach und nach auf. Dabei werden nicht nur die Klimagase Methan und Kohlendioxid freigesetzt, sondern die Böden verlieren auch an Stabilität, sodass Straßen, Häuser und Brücken Schaden nehmen. Einen genaueren Blick auf diese Entwicklung des Bodens hat nun ein Forschungsteam geworfen. Wie es in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichtet, entstehen durch das Auftauen charakteristische Strukturen in der arktischen Landschaft, was die Erosion der Böden fördert.
Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen analysierte Shawn Chartrand von der kanadischen Simon Fraser University in Burnaby die Folgen tauender Permafrostböden. Ihre Untersuchungen führten sie beispielhaft im Muskox-Tal auf der Axel-Heiberg-Insel im hohen Norden Kanadas durch. In dem acht Kilometer langen und einen Kilometer breiten Tal herrscht im Winter tiefer Frost. Doch in den Sommermonaten steigen die Temperaturen mittlerweile so stark an, dass die Permafrostböden zu tauen beginnen.
Mithilfe von Luftaufnahmen und Vermessungen vor Ort wollten Chartrand und sein Team diese Entwicklung über die vergangenen 60 Jahre rekonstruieren. Dazu verwendeten sie unter anderem Aufnahmen aus dem Jahr 1959. Diese zeigen den Zustand der arktischen Region, als die Böden noch zuverlässig über alle Jahreszeiten hinweg gefroren waren. Diese Bilder verglichen die Forschenden mit weiteren Daten, die sie im Sommer 2019 mit verschiedenen Methoden gewonnen haben. Zusätzlich zu den alten Bildern sowie neuen Luft- und Satellitenaufnahmen führten sie aufwendige Laservermessungen im Muskox-Tal durch, um die dreidimensionale Topografie der Landschaft millimetergenau zu bestimmen. Dabei entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler charakteristische Strukturen in den Böden. Diese sogenannten Polygonstrukturen bildeten ein mehrfach verzweigtes System aus wenige Meter breiten Kanälen – jeweils etwa zehn bis zwanzig Meter voneinander entfernt.
Abflusskanäle des Schmelzwassers verstärken die Erosion
Wie das Team rekonstruierte, bildeten diese Strukturen neue Kanäle für das Schmelzwasser, als die Schnee- und Eisflächen in den vergangenen Jahrzehnten im Sommer zu tauen begannen. Es floss dann auf Wegen ab, die bei einem intakten Permafrostboden noch nicht existierten. Dabei transportierte es Erde und Geröll mit. Ergänzend simulierten die Geowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler weitere Folgen dessen, wie das Schmelzwasser abfloss. Dabei erkannten sie, dass sich die tauenden Permafrostböden noch stärker lockerten – sich also die Erosion verstärkte. Und dies veränderte die arktische Landschaft dauerhaft.
Als eine der ersten Studien dieser Art zeigt die Forschung Chartrands genau auf, wie tauende Permafrostböden die Landschaftsform beeinflussen – und damit auch die Tier- und Pflanzenwelt. Damit ist die Untersuchung grundlegend für Folgestudien in anderen Permafrostregionen. So könnte sich künftig besser bestimmen lassen, wie sich die Erderwärmung in den besonders stark vom Klimawandel betroffenen arktischen Landgebieten auswirkt – nicht nur im Norden Kanadas, sondern auch in weiten Gebieten Sibiriens.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2023/klimawandel-tauender-permafrost-beschleunigt-erosion/