Vulkanausbrüche per Mondfinsternis analysieren
Kriege, Hungersnöte, Krönungen oder seltene Naturphänomene: Im Hochmittelalter hielten Mönche viele wichtige Ereignisse in ihren Chroniken fest. Diese historischen Aufzeichnungen durchforstete nun eine Forschungsgruppe, um mittelalterliche Vulkanausbrüche zu datieren und deren Auswirkungen auf das Klima abzuschätzen. Dazu fokussierten sich die Forschenden auf die dokumentierten Mondfinsternisse. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, zeigen die Himmelsphänomene, wie die ausgestoßenen Gase bei Vulkanausbrüchen das Erdklima nachhaltig abkühlten.
Zwischen den Jahren 1100 und 1300 waren insgesamt 64 Mondfinsternisse zu beobachten. Zugleich gilt diese Epoche als eine der vulkanisch aktivsten in der jüngeren Erdgeschichte. Je nach Stärke und Zeitpunkt beeinflussten die Vulkanausbrüche in dieser Zeit, wie gut der Mond im Schatten der Erde sichtbar war. Erschien der Mond in einem roten Schimmer, waren wenige Aerosole in der Atmosphäre verteilt. Starke Vulkanausbrüche hingegen führten zu hohen Konzentrationen an Schwefeldioxid in der Atmosphäre, sodass sich der Mond im Erdschatten sichtbar verdunkelte. Darüber hinaus spielte auch die Jahreszeit eine Rolle für die Folgen der Vulkanausbrüche. Denn sie beeinflusste, wie sehr sich der vulkanische Staub verteilte und daraufhin das Klima abkühlte, so Sébastien Guillet von der Universität Genf.
Diese Folgen von Vulkanausbrüchen wirkten sich über einen längeren Zeitraum zwischen drei und zwanzig Monaten aus. Um sie zu analysieren, durchforsteten Guillet und sein Team mittelalterliche Chroniken aus Europa und dem Nahen Osten. Darin fanden sie Berichte über 51 Mondfinsternisse, anhand derer sie 15 Vulkanausbrüche genauer untersuchten. Dabei gingen sie von einer groben Datierung aus, die auf Analysen von Eisbohrkernen basierte. Mit den Beschreibungen in den Chroniken ließen sich die Datierung der Ausbrüche dann verfeinern.
Für fünf dieser Vulkanausbrüche berichteten die Chroniken über besonders dunkle Mondfinsternisse nach den Ausbrüchen. Mithilfe aktueller Modelle folgerten die Forschenden, dass diese Ausbrüche stark genug waren, um Aerosole bis in die Stratosphäre in rund 15 bis 50 Kilometern Höhe zu befördern. In der Stratosphäre wirkten sich die Aerosole auch stärker auf das Klima aus und führten zu einer spürbaren Abkühlung, indem sie einstrahlendes Sonnenlicht absorbierten.
Vulkanausbrüche und deren Folgen für das Erdklima wie in dieser Studie anhand historischer Chroniken zu analysieren, ergänzt bisherige Methoden. Denn diese Analysen sind genauer als die Datierungen auf der Grundlage von Jahresringen von Bäumen oder von Eisbohrkernen beispielsweise aus Grönland. Insbesondere für die vulkanisch aktive Phase eignet sich die neue Methode – und diese Zeit im Hochmittelalter ist für die Klimaforschung besonders interessant. Denn die ausgestoßenen Aerosole werden neben einer nachlassenden Sonnenaktivität als eine Ursache für die Kleine Eiszeit vom Beginn des 15. Jahrhunderts bis zum 19. Jahrhundert diskutiert. In dieser Zeit kühlte das Klima deutlich ab und verursachte mit sehr strengen Wintern und kalten Sommern zahlreiche Ernteausfälle.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2023/vulkane-vulkanausbrueche-per-mondfinsternis-analysieren/