Neue Methode sagt Erderwärmung genauer voraus
Heute beginnt in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, die Weltklimakonferenz COP29. Hier will die weltweite Staatengemeinschaft ihre Maßnahmen gegen die Erderwärmung und zum Schutz gegen Folgen wie Dürren oder Fluten optimieren. Dafür ist es allerhöchste Zeit. Denn bereits vergangene Woche gab das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus der EU bekannt, dass das 1,5-Grad-Ziel der Pariser Klimakonferenz COP21 aus dem Jahr 2015 dieses Jahr mit mindestens 1,55 Grad erstmals überschritten werde. Eine neue Studie stützt nun diese Zahlen. In der Zeitschrift „Nature Geoscience“ stellt ein Forschungsteam eine optimierte Methode für den Zusammenhang zwischen CO2-Konzentration in der Atmosphäre und der Erderwärmung vor.
Für ihre Analysen griffen Andrew Jarvis von der Lancaster University und Piers M. Foster von der University of Leeds auf die Daten der Kohlendioxidkonzentration der vergangenen 2000 Jahre zurück. Diese stammen aus Untersuchungen von Eisbohrkernen aus der Antarktis, aus denen sich auf die Zusammensetzung der Atmosphäre über Jahrtausende schließen lässt. Wie schon in früheren Studien erkannten die Forscher, dass sich die Kohlendioxid-, also CO2-Konzentration analog zur Erderwärmung entwickelte – sie sprechen von einem linearen Zusammenhang: Nimmt pro eine Million Teilchen in der Luft die Anzahl der CO2-Moleküle um 100 zu, so lässt das die mittlere Oberflächentemperatur auf der Erde um 1,06 Grad Celsius ansteigen.
Dieser Zusammenhang wurde bereits durch zahlreiche Klimastudien untermauert. Allerdings lässt sich damit die Erderwärmung nur unter bestimmten Bedingungen zuverlässig vorhersagen – wenn nämlich der Ausgangspunkt vor Beginn der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen klar definiert ist. Bisher gilt der Zeitraum von 1850 bis 1900 als gute Basis hierfür. Davon ausgehend läge der Temperaturanstieg für das Jahr 2023 bei 1,31 Grad Celsius. Die reale Erwärmung von etwa 1,5-Grad Celsius wird damit also deutlich unterschätzt.
Daten über frühere Zeiten machen Vorhersagen präziser
Zur Lösung des Problems beziehen Jarvis und Forster die Daten auf die CO2-Konzentration, die vor dem Jahr 1700 in der Atmosphäre herrschte. Ihr Argument: Im 19. Jahrhundert stieg die CO2-Konzentration bereits an. Das verfälsche die sogenannte Basislinie, von der ohne menschliche CO2-Emissionen auszugehen ist. In der Tat verfeuerten Menschen zwischen 1850 und 1900 bereits viel Kohle. Die Klimaforscher beziffern nun den CO2-Gehalt in der Atmosphäre in der vorindustriellen Zeit auf etwa 280 CO2-Moleküle pro eine Million Teilchen in der Luft, kurz ppm. Heute liegt dieser Wert um 142 ppm höher: und zwar bei über 420 ppm. Aus diesen Werten ermittelten sie eine Erderwärmung um 1,49 Grad Celsius für das Jahr 2023 – eine beeindruckende Übereinstimmung mit den Daten von Copernicus.
Dieser neue Ansatz macht Vorhersagen der Erderwärmung um bis zu 30 Prozent genauer. Zwar gilt die 1,5-Grad-Schwelle offiziell erst als gerissen, wenn dieser Wert durchschnittlich in einem 20-Jahres-Zeitraum überschritten wird. Doch die CO2-Emissionen nehmen trotz aller Maßnahmen noch immer zu und haben im Jahr 2023 einen Höchstwert von rund 39 Milliarden Tonnen erreicht. Es sieht also keineswegs so aus, als sinke die globale Erwärmung in den kommenden Jahren wieder unter die 1,5-Grad-Schwelle – wenn nicht drastischere Maßnahmen ergriffen werden.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2024/1-5-grad-ziel-cop-baku-neue-methode-sagt-erderwaermung-genauer-voraus/