Eisschmelze lässt mehr Stürme entstehen
Seit kurzem treibt der wohl größte Eisberg der Welt im Südpolarmeer. A23a, so der wissenschaftliche Name, ist etwa 4000 Quadratkilometer groß und ein weiterer Zeuge für die rasant schmelzenden Eismassen in der Antarktis. Nun untersuchte ein Forschungsteam, wie sich die Eisschmelze auf die Atmosphäre auswirkt. Laut ihrer in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Studie kam es durch das schwindende Meereis im Jahr 2023 monatlich zu sieben Sturmtagen pro Monat mehr als durchschnittlich in den Jahren von 1990 bis 2015.
Seit Jahrzehnten beobachten Satelliten den antarktischen Eisschild. Wie sich dessen Entwicklung auswirkt – auch auf die Atmosphäre – wollten nun Simon Josey vom National Oceanography Centre in Southampton und sein Team genauer wissen. Hierzu werteten sie Messdaten der Satelliten und Wetterbeobachtungen für vier Regionen rund um den antarktischen Kontinent aus. Zudem führten sie Modellrechnungen durch. Die Forschenden konzentrierten ihre Analyse auf das Jahr 2023. In diesem Jahr schmolz das Meereis im antarktischen Sommer besonders stark ab. Selbst bis zum Juni 2023, also im Winter auf der Südhalbkugel, regenerierte es sich nicht vollständig. Es fehlten immer noch 2,33 Millionen Quadratkilometer Eis im Vergleich zum langjährigen Mittel zwischen den Jahren 1979 und 2022. Das entspricht mehr als einem Zehntel seiner Gesamtfläche.
Abschmelzen der Isolation heizt Atmosphäre auf
Das hat Folgen für die Atmosphäre, wie Josey und sein Team berichten. Denn die eigentlich geschlossene Decke aus Meereis wirkt wie eine isolierende Schicht zwischen dem relativ warmen Wasser und der kalten Winterluft. Ohne diese Eisdecke gelangt mehr Wärme in die Atmosphäre. Im Jahr 2023 war es im äußeren Weddellmeer im Nordwesten der Antarktis mit 132 Watt pro Quadratmeter sogar mehr als doppelt so viel wie im Jahresmittel von 1990 bis 2015 .
Heizt sich die Luft auf, beeinflusst das auch das Wetter: So stürmte es im Juni und Juli 2023 über dem Weddellmeer besonders häufig – pro Monat an sieben Tagen mehr als durchschnittlich von 1990 bis 2015. Auch mit Blick auf alle untersuchten Regionen insgesamt nahm die Anzahl der monatlichen Sturmtage zu – und zwar um durchschnittlich 2,5 Tage.
Von diesen Effekten ist aber nicht nur das Wetter in der Antarktis betroffen. Der sich verändernde Wärmehaushalt beeinflusst auch die Meeresströmungen und das Ökosystem – etwa das Plankton im Meer oder den Lebensraum der Pinguine. Selbst weitreichende Folgen bis in die Tropen und zur Nordhalbkugel sind möglich. Wie die Forschenden erläutern, seien jedoch weitere Studien nötig, um diese komplexen Wechselwirkungen besser zu verstehen.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2024/antarktis-eisschmelze-laesst-mehr-stuerme-entstehen/