Kleine Mündungen halten Plastikpartikel zurück

Komplexe Simulationen zeigen ein unterschiedliches Transportverhalten von schwimmenden Partikeln in kleinen und großen Flüssen.

Jan Oliver Löfken

Das Bild zeigt einen stark gewundenen Fluss, der ins Meer mündet. An Land ist ein Wald mit herbstlichen Bäumen.

Ultima_Gaina/iStock

Über Bäche, Flüsse und Ströme gelangen Teilchen und Partikel auf der Wasseroberfläche letztendlich immer ins Meer. Dieser Transport spielt sowohl für organische Materie und Ökosysteme als auch für Verunreinigungen – beispielsweise durch Plastik oder Öl – eine wichtige Rolle. Forschende fanden nun jedoch signifikante Unterschiede zwischen Flüssen mit kleinen und größeren Mündungsgebieten. Wie sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences" berichten, hängt das Verhalten der schwimmenden Teilchen von der Wassermenge des Flusses ab.

Viele Prozesse bestimmen die Strömungsdynamik in Flussmündungen, denn dort trifft das Süßwasser eines Flusses auf das Salzwasser des Meeres. Diese Mischung wird auch Brackwasser genannt. Aufgrund der Gezeiten strömt das Wasser bei Ebbe gen Meer und bei Flut viele Kilometer ins Landesinnere. Doch dieses Wechselspiel wird von vielen weiteren Faktoren beeinflusst, wie dem Verlauf der Flüsse, deren Tiefe und Breite oder auch dem lokalen Gezeitenhub. Schwimmende Partikel – egal ob Blätter oder Plastikteile – werden dadurch mehr oder weniger schnell ins Meer transportiert.

Tong Bo von der Woods Hole Oceanographic Institution in den USA und sein Team verglichen dieses Strömungsverhalten nun in einer kleinen und einer großen Flussmündung mithilfe von Computersimulationen. Dazu wählten sie den relativ kleinen North River, der in New England in den USA in den Atlantik mündet, sowie den großen Mündungstrichter des Delaware südlich von Atlantic City. In ihren Computermodellen berücksichtigten die Forschenden zahlreiche Parameter – wie Topographie, Gezeiten, Salzgehalt und Strömungsgeschwindigkeit–, um das Verhalten von treibenden Partikeln an der Wasseroberfläche zu analysieren. Dabei zeigte sich ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Mündungen.

Strömende Wassermengen verursachen unterschiedliches Verhalten

In der nur 50 bis 200 Meter breiten Mündung des North Rivers bildete sich bei Flut eine stabile Strömung landeinwärts aus. An der Strömungsfront wurden dadurch auch treibende Partikel landeinwärts transportiert. Bei Ebbe wechselte die Strömungsrichtung. Treibende Partikel bildeten dann keine klare Front mehr, sondern verteilten sich bis an die Flussufer. So konzentrierten sich die im Wechsel der Gezeiten mittreibenden Partikel im Mündungsgebiet.

Dieses Verhalten zeigte sich in der größeren Mündung des Delaware dagegen nicht. Hier wurden durch die größeren Wassermengen die mittreibenden Partikel effizienter in den Atlantik transportiert. Eine Konzentration im Mündungsgebiet ließ sich in den Simulationen nicht beobachten. Einen Grund für das unterschiedliche Verhalten sehen die Forschenden in den strömenden Wassermengen: Je mehr Wasser ein Fluss führt, desto effizienter werden Partikel ins Meer transportiert und nicht im Mündungsgebiet zurückgehalten.

Auf der Basis dieser Simulationen könnten nun Feldmessungen durchgeführt werden, um das theoretische Modell zu überprüfen. Sollte es bestätigt werden, ließe sich der Materialtransport je nach Flussmündung exakter bestimmen oder gar vorhersagen. Mit diesen Daten könnten beispielsweise Säuberungsmaßnahmen an die Größe eines Flusses angepasst und so gezielter durchgeführt werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2024/flussmuendung-kleine-muendungen-halten-plastikpartikel-zurueck/