Alaskas Gletscher schmelzen immer schneller

Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Eisschmelze im Vergleich zur Mitte des 20. Jahrhunderts verfünffacht. Droht bald ein Kipppunkt?

Jan Oliver Löfken

Flusstal mit Gletschern auf den es umgebenden Bergen

Bethan Davies

Noch herrscht Unsicherheit darüber, wie stark der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 steigen wird. Je nach Klimaszenario schwanken die Werte zwischen 30 Zentimetern und einem Meter, wobei die Gletscher Alaskas mit mehr als zehn Prozent dazu beitragen. Eine genauere Abschätzung könnte nun eine neue Studie erlauben: Ein Forschungsteam fand heraus, dass sich die Gletscherschmelze im Nordwesten des amerikanischen Kontinents sogar deutlich beschleunigt. Wie die Forschenden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichten, könnte damit die Überschreitung des Kipppunkts drohen, ab dem die Gletscher Alaskas sich selbst bei schnellen Maßnahmen gegen die Erderwärmung nicht mehr erholen werden.

„Die Eisfelder in Alaska sind vorwiegend flach und besonders anfällig gegenüber Abschmelzen“, sagt Bethan Davies von der britischen Newcastle University. Denn dadurch schmilzt das Eis über die gesamte Gletscherfläche – nicht wie etwa Gletscher in den Alpen besonders im tiefer gelegenen und damit wärmeren Bereich.

Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Norwegen, Österreich und den USA untersuchte Davies deshalb die Eisschmelze des Juneau Eisfelds, einer Region mit insgesamt rund 140 Gletschern in Alaska. Grundlage ihrer neuen, detaillierten Abschätzung sind Satellitenaufnahmen der Region und Karten der dreidimensionalen Topographie. Um den früheren Zustand der Gletscher zu bestimmen, nutzten die Forschenden zahlreiche Luftaufnahmen und historische Aufzeichnungen.

Hunderte Quadratmeter Eis abgeschmolzen

Dabei erkannten Davies und ihr Team, dass das Juneau Eisfeld mit insgesamt rund 140 Gletschern zwischen 2015 und 2019 fünfmal schneller schrumpfte als in einem Vergleichszeitraum zwischen 1948 und 1979. Verloren die Gletscher zwischen 1770 und 1979 jedes Jahr im Durchschnitt etwa 0,65 Kubikkilometer Eis, nahm der jährliche Verlust in jüngster Zeit zwischen 2010 und 2020 auf dramatische 5,9 Kubikkilometer zu.

Im gesamten Zeitraum zwischen 1770 und 2020 verlor das Juneau Eisfeld rund ein Viertel seines Volumens, etwa 315 Quadratkilometer. Zu diesem Eisverlust trugen alle Gletscher in der untersuchten Region bei. Gut 100 Gletscher seien laut Davies und ihrem Team sogar schon komplett verschwunden. Viele weitere vormals zusammenhängende Eismassen unterteilen sich zunehmend.

Mit diesem beschleunigten Abschmelzen steigt auch das Risiko, dass sich die Gletscher Alaskas selbst bei sehr schnellen und wirksamen Maßnahmen gegen die Erderwärmung nicht mehr erholen werden. Denn durch das Schmelzen sinkt auch die Dicke der Gletscher und das Eis befindet sich in immer geringeren und wärmeren Höhen. „Dadurch wird ein zukünftiges Wachstum der Gletscher unwahrscheinlich und die Gletscher könnten so einen Kipppunkt überschreiten, ab dem ihr Verschwinden nicht mehr vermeidbar wäre“, sagt Davies.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2024/klimawandel-alaskas-gletscher-schmelzen-immer-schneller/