Vulkane auf Island vielleicht noch viele Jahre aktiv

Jan Oliver Löfken

Lavaspeiender Vulkan, im Vordergrund glühende Lavaflüsse

Chris Kendall/iStock

Seit gut drei Jahren kommt es auf der Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands vermehrt zu Vulkanausbrüchen. Vergangenen November musste sogar die kleine Hafenstadt Grindavík für kurze Zeit evakuiert werden und ist bis heute nur beschränkt zugänglich. Und offenbar herrscht in dieser Region noch für Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, eine hohe Gefahr für weitere Vulkanausbrüche. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam, das den Ursprung der aktuellen Vulkanaktivität genauer untersucht und in der Fachzeitschrift „Terra Nova“ veröffentlicht hat.

Vier Forschende, drei in silberfarbenen Schutzanzügen, stehen beziehungsweise knien vor einem Vulkan, aus dem Lava sprudelt und arbeiten an dem felsigen Boden.

Probenentnahme am Vulkan

Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen untersuchte Valentin Troll von der Universität Uppsala die chemische Zusammensetzung von Lavaproben aus verschiedenen Vulkanen in der Region. Eine davon ist die Gegend um den Tafelvulkan Fagradalsfjall, in der es zwischen 2021 und 2023 drei Ausbrüche gab. Seit Ende 2023 bis zum Mai dieses Jahres folgten vier weitere Ausbrüche entlang der Sundhnúkur-Kraterkette im Vulkansystem Svartsengi. Die verschiedenen Lavaproben aus diesen Ausbrüchen wiesen allesamt ähnliche Bestandteile auf: Darin kamen Substanzen wie etwa Eisenoxid, Titandioxid und Natriumoxid vor. Daraus schlossen Troll und sein Team, dass sich alle Ausbrüche aus dem gleichen Magmareservoir speisten.

Magmakammer anhand von Beben lokalisiert

Ergänzend zogen die Geowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Erdbebenwellen heran, die rund um die Ausbrüche aufgezeichnet worden waren. Anhand dieser sogenannten seismischen Analysen spürten sie das Magmareservoir auf, das alle der jüngsten Ausbrüche speiste: Es befindet sich etwa neun bis zwölf Kilometer unter dem Vulkan Fagradalsfjall. Diese Kammer wird wiederum stetig mit frischen flüssigen Gesteinsmassen aus dem Erdmantel gefüllt. Daher gehen die Forschenden davon aus, dass auch künftig mit weiteren Ausbrüchen zu rechnen ist. „Island wird sich darauf einstellen müssen, dass diese vulkanische Episode für einige Zeit andauern wird, vielleicht sogar für Jahre oder Jahrzehnte“, so Troll.

Das sind wichtige Ergebnisse, damit Island rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen kann. Zudem werden derzeit Bohrungen diskutiert, um noch mehr über die geologischen Prozesse in dem Vulkansystem zu lernen. Denn auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich der Hauptstadt Reykjavik befinden sich nicht nur die touristische Attraktion „Blaue Lagune“, sondern auch der internationale Flughafen Keflavík und einige geothermische Kraftwerke. Auch wenn die Vulkane in der Region vor den aktuellen Ausbrüchen über 800 Jahre ruhten, waren sie damals mehrere Jahrhunderte aktiv – und ein erneut viele Jahre dauernder Vulkanismus würde die Region um Reykjanes stark beeinflussen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2024/vulkanismus-vulkane-auf-island-vielleicht-noch-viele-jahre-aktiv/