Wie die Schlange schlittert
Entgegen früherer Vermutungen nutzen Schlangen vor allem Reibungskräfte und die Umverteilung ihres Gewichts zur Fortbewegung
New York (USA )/Atlanta (USA ) - Steine und Bodenwurzeln sind nur wenig von Bedeutung, wenn Schlangen sich fortbewegen - anders als Forscher bisher vermutet hatten. Stattdessen helfen den beinlosen Reptilien ihre Bauchschuppen, die Reibungskräfte am Boden und eine geschickte Gewichtsverteilung, sogar auf Sand oder Glas voranzukommen: US-Physiker untersuchten die Theorie im Modell und bestätigten sie anschließend an Beobachtungen lebender Schlangen. Frühere Studien hatten gezeigt, dass die geschuppten Tiere sich buchstäblich an Steinen, Zweigen und anderen Bodenunebenheiten abstoßen. Doch das würde nicht erklären, wie sie auf ebenen Flächen vorankommen. Dort waren Reibungskräfte an den Bauchschuppen diskutiert worden, abhängig von der Bewegungsrichtung - doch der Prozess war bislang unerklärt, schreiben die Forscher im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS). Das Verständnis der physikalischen Abläufe dürfte bei der Entwicklung künftiger Maschinen und Robotern helfen, die sich auch ohne Beine oder Räder fortbewegen sollen.
"Wir stellten fest, dass die Bauchschuppen der Schlangen so angeordnet sind, dass Schlangen nicht in Richtung Schwanz oder Flanken gleiten", erklärt Hauptautor David Hu, Professor für Mechanisches Ingenieurwesen am Georgia Institute of Technology. "Diese Schuppen geben den Schlangen einen bevorzugte Bewegungsrichtung, was ihre Bewegung sehr der von Rädern, Langlaufskiern oder Schlittschuhen ähneln lässt. In all diesen Beispielen benötigt das Vorwärtsgleiten weniger Arbeit als das Seitwärtsgleiten." Gemeinsam mit Kollegen der New York University hatte Hu versucht, die Forscherdiskussion zum Thema zu klären. Schlangen nutzen bei der Fortbewegung verschiedene Techniken. Das Team konzentrierte sich auf die so genannte anisotrope Reibung - beim unterschiedlich guten Gleiten in verschiedene Richtungen - bei der seitlichen Wellenbewegung (laterale Undulation) der Tiere. Zunächst erstellten die Forscher ein theoretisches Modell der Schlangenbewegung, das die Geschwindigkeit des Körperschwerpunkts in Funktion zur Geschwindigkeit und Größe der Körperwellen setzte, unter Berücksichtigung der Reibungsgesetze und der Reibungsanisotropie der Bauchschuppen. Das Modell deutete darauf hin, dass die Schlangen vor allem durch die Wechselwirkung von Oberflächenreibung und ihrer inneren Körperkräfte vorankommen.
Um die Hypothese zu prüfen, vermaßen Hu und Kollegen die Gleitreibung von Schlangenschuppen und filmten die Bewegung der Tiere in einer Reihe von Experimenten auf glatten und geneigten Oberflächen. Unter anderem testeten sie das Vorankommen von zehn jungen Roten Königsnattern oder Puebla-Milchschlangen (Lampropeltis triangulum campbelli), deren Bauchschuppen sie unterschiedlich bedeckt hatten. So konnten sie nachweisen, dass die Bauchschuppen auch an winzigen Unebenheiten in der Oberfläche fassen und ihnen quasi beim Abstoßen helfen. Die Ergebnisse der Beobachtungen stimmten gut mit den Vorhersagen des Modells überein, so die Forscher
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2009/wie-die-schlange-schlittert/