Dämpfung im Spechtschädel: High-Speed- und Röntgen-Bilder enthüllen neue Details
Forscher hoffen auf neue Konzepte für Schutzhelme gegen Gehirnerschütterung.
Beijing (China) - Dass Spechte beim Klopfen die heftigen Stöße verkraften können und ihr Gehirn keinerlei Schaden nimmt, ist nicht einem einzelnen Detail ihres Schädelaufbaus zuzuschreiben. Vielmehr liegt es an einem ausgeklügelten System anatomischer Besonderheiten von Knochen- und Schnabelstruktur. Das belegen ausführliche Untersuchungen von Forschern, die mit ihren Beobachtungen bisherige Forschungsergebnisse ergänzen. Sie hatten Hochgeschwindigkeitsaufnahmen der Bewegung und Computertopographiebilder der Schädel analysiert und ihre Erkenntnisse aus diesen Methoden in 3D-Modellen kombiniert. Sie hoffen, dass ihre Ergebnisse, die sie im Fachblatt "PLoS ONE" darlegen, zur Entwicklung besserer Schutzhelme beitragen könnten.
"Das weit entwickelte Stoßdämpfer-System des Spechts ist ein Phänomen guten Zusammenspiels", schreiben Yubo Fan von der Beihang University in Beijing, Ming Zhang von der Hong Kong Polytechnic University und ihre Kollegen. "Nicht einer der einzelnen Faktoren ist dazu in der Lage, diese Funktion zu erfüllen. Diese biomechanische Analyse macht es möglich, die Geschehnisse während des Klopfens sichtbar zu machen und könnte zu neuen Ansätzen zur Vorbeugung und Behandlung menschlicher Kopfverletzungen inspirieren." Fan, Zhang und ihre Kollegen hatten Buntspechte (Dendrocopos major) mit zwei Hochgeschwindigkeitskameras beim Klopfen beobachtet. Außerdem fertigten sie computertomografische Aufnahmen des Schädels an, um dessen Feinstruktur genau analysierten zu können - darunter Knochenvolumen, -dichte und -dicke. Mithilfe der gewonnenen Daten und 3D-Modellen konnten sie daraufhin weitere Tests und Messungen der beim Klopfen auftretenden Kräfte durchführen.
Das äußerst effektive Stoßdämpfersystem des Spechtschädels ist ihren Analysen zufolge nicht auf eine Einzelheit zurückzuführen, sondern auf die Kombination einer ganzen Reihe morphologischer Eigenschaften von Knochen und Schnabel. Als zentrale Dämpfungsfaktoren machten sie unter anderem - wie auch schon andere Forscher vor ihnen - die schwammartig aufgebaute Knochensubstanz aus. Außerdem schreiben sie eine entscheidende Rolle der ungleichen Länge von oberem und unterem Schnabel zu. Ausführliches Wissen über Aufbau und Mikrostruktur des Spechtschädels könnte helfen, künftig neue Konzepte zu entwickeln, um Kopfverletzungen zu minimieren. Das Design von intelligenten Helme oder anderen Geräten, die widerstandsfähig gegen Verletzungen durch Stöße machen, würde stark von den Optimierungen der Schädelmorphologie profitieren, so die Forscher.
Frühere Forschungsarbeiten haben bereits einige Details über die Schutzmechanismen des Spechtschädels enthüllt. Vor einigen Monaten etwa hatten Wissenschaftler berichtet, dass unter anderem die stabile Lagerung des Vogelhirns, schnell reagierende Muskeln sowie die Verknüpfung zwischen Schnabel und Schädel eine entscheidende Rolle für den natürlichen Stoßdämpfer spielen. Ihnen war zudem die Konstruktion eines bionischen Stoßdämpfers gelungen, der empfindliche, elektronische Bausteine effektiv gegen Erschütterungen schützte.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2011/daempfung-im-spechtschaedel-high-speed-und-roentgen-bilder-enthuellen-neue-details/