Lebende Stromkabel aus Bakterien
Jan Oliver Löfken
Aarhus (Dänemark) – Mikroben unter dem Meeresboden müssen in einer sauerstoffarmen Umgebung überleben. Doch mit einem lebenden, bakteriellen Stromkabel können sie ihren Stoffwechsel an die Umgebung anpassen und sogar giftigen Schwefelwasserstoff abbauen. In Sedimentproben entdeckten Biologen diese leitfähigen Organismen, die von tieferen sauerstoffarmen Zonen bis in sauerstoffhaltige, obere Bereiche des Meeresbodens reichten. Ihre überraschende Analyse, mit der die Kenntnisse dieses komplexen Ökosystems bereichert werden, veröffentlichten sie in der Zeitschrift „Nature“.
„Die langen Bakterienfilamente übernehmen die Funktion eines Elektronentransporters“, erklären Christian Pfeffer und seine Kollegen von der Universität Aarhus. Bis zu 15 Millimeter tief in den Meeresboden reichen diese lebenden Stromleitungen. Sie bestehen aus Ketten langgestreckter Bakterien aus der Familie der Desulfobulbaceae. Die geleiteten Elektronen werden bei einem Stoffwechselprozess der Mikroben im Meeresboden freigesetzt. Die Organismen wandeln dabei Sulfatverbindungen erst über eine Reduktion in giftigen Schwefelwasserstoff und danach in unschädlichen Schwefel um. Der dabei entstehende Elektronenüberschuss gelangt über das bakterielle Kabel und wird dort zur Reaktion von Sauerstoff zu Wasser genutzt.
Ohne direkten Zugang zu Sauerstoff können diese Organismen so trotzdem indirekt Sauerstoff für ihren Stoffwechsel nutzen. „Jedoch ist es bisher unklar, ob sie allein handeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mikroben“, schreibt Gemma Reguera, Mikrobiologin an der Michigan State University in einem begleitendem Kommentar. So ist es nicht ausgeschlossen, dass im Meeresboden bisher unbekannte Symbiosen eingegangen werden können und auch anderen Mikroben einen indirekten Zugang zu Sauerstoff ermöglichen.
Wissenschaft aktuell gemäß den Bedingungen der Quelle
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2012/lebende-stromkabel-aus-bakterien/