Wie Wassertropfen Pilzsporen beschleunigen

Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera offenbaren, wie Pilzsporen mit vieltausendfacher Erdbeschleunigung nach oben geschleudert werden.

Jan Oliver Löfken

Um ihre Sporen möglichst weit zu verbreiten, nutzen Pilze beispielsweise den Wind oder Insekten. Einige Spezies bedienen sich allerdings physikalisch komplexerer Methoden und schleudern ihre sogenannten Ballistosporen mit vieltausendfacher Erdbeschleunigung durch die Luft. Die Details dieses Phänomens konnten Wissenschaftler nun mit Aufnahmen einer Hochgeschwindigkeitskamera erstmals entschlüsseln, wie sie in der Fachzeitschrift „Journal of the Royal Society Interface“ berichten.

„Die Sporen werden mit massiven Kräften in eine spezifische Richtung geschossen“, sagt Chuan-Hua Chen von der Duke University in Durham. „Fast wie mit einer Kanone.“ Verantwortlich für die enorme Beschleunigung sind miteinander verschmelzende Wassertropfen auf der Pilzoberfläche in unmittelbarer Nähe zu den Sporen. Diese beobachtete der Naturforscher Reginald Buller bereits vor mehr als hundert Jahren – unklar blieben bislang allerdings die exakten Abläufe dieser binnen weniger Mikrosekunden ablaufenden Beschleunigung.

Um das Phänomen aufzuklären, griffen Chen und seine Kollegen nicht zu echten Pilzsporen. Stattdessen bauten sie diese vergrößert aus kleinen, halbierten Kügelchen aus dem Kunststoff Polystyrol nach. Das etwa einen halben Millimeter große Sporenmodell hatte eine wasserabstoßende Oberfläche und an seine gewölbte Seite hefteten die Forscher einen Wassertropfen. Direkt neben der flachen Seite setzten sie einen zweiten Wassertropfen, den sie mit weiteren Tröpfchen aus einem Tintenstrahldrucker nach und nach vergrößerten.

Sobald der zweite Wassertropfen groß genug war, vereinigte er sich mit dem an der künstlichen Spore haftenden Tropfen. Die Gesamtoberfläche der Tropfen verringerte sich dabei innerhalb kürzester Zeit so stark, dass die Energie der Oberflächenspannung abrupt freigesetzt wurde. Die künstliche Spore wurde beschleunigt und entlang der Ausrichtung der abgeflachten Seite hochgeschleudert. „Die Energie wird rasant freigesetzt und das gesamte System mit etwa der einmillionenfachen Erdbeschleunigung wegkatapultiert“, erläutert Chen. Allerdings sei der Luftwiderstand so groß gewesen, dass die Spore nur wenige Millimeter weit fliegen konnte.

Aufnahme einer Pilzspore neben einem WassertropfenWassertropfen beschleunigen Pilzsporen

Wassertropfen beschleunigen Pilzsporen

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2017/wie-wassertropfen-pilzsporen-beschleunigen/