Warum sich im Champagner Bläschenketten bilden

Spezielle Proteine verringern die Spannungskräfte zwischen Gasblasen und der umgebenden Flüssigkeit.

Jan Oliver Löfken

Jemand gießt Champagner in ein Glas, ein zweites Glas steht daneben

Madeline Federle & Colin Sullivan

Ob Geburtstag, Neujahr oder Beförderung: Wer stilvoll einen besonderen Anlass feiern will, stößt oft mit Sekt oder Champagner an. Charakteristisch sind dabei die feinen Bläschen, die im Glas geradlinig aufsteigen und an der Oberfläche platzen. Dadurch werden winzige Tröpfchen verteilt, die das prickelnde Trinkvergnügen verursachen. In anderen sprudelnden Getränken wie Wasser oder Bier geht es indes deutlich chaotischer zu. Ein Forschungsteam hat nun die Physik hinter den aufsteigenden Bläschen untersucht. Dabei fand es heraus, dass seifenartige Moleküle für die Bildung der filigranen und für Champagner typischen Bläschenketten eine wesentliche Rolle spielen: Sie reduzieren in Flüssigkeiten die Grenz- und Oberflächenspannung. Dies berichten die Forschenden in der Fachzeitschrift „Physical Review Fluids“.

Um das Rätsel der aufsteigenden Gasbläschen zu lüften, führte Roberto Zenit von der Brown University in den USA gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Toulouse in Frankreich eine Versuchsreihe mit Champagner, Bier und Wasser durch. Für die Vergleichbarkeit ließen sie alle Flüssigkeiten vor den Versuchen eine Weile stehen, so dass sie komplett entgasten und schal wurden. Nacheinander füllten sie die nicht mehr sprudelnden Flüssigkeiten in ein durchsichtiges Gefäß aus Plexiglas. Am Boden des Gefäßes befand sich eine kleine Düse, die Luft in die Flüssigkeit pumpte. So konnten die Forschenden kontrolliert mal kleinere, mal größere Blasen erzeugen.

Schwarz-weiß-Grafik, die einen Prozess darstellt: von links nach rechts sammeln sich immer mehr Bläschen an einem dünnen Streifen

Blasen in einem Wasser-Glycerin Gemisch

Das Ergebnis: In Wasser und Bier stiegen kleine Bläschen unkoordiniert auf und bildeten keine stabilen Bläschenketten. In Champagner dagegen waren die Bläschenketten stabil. Zenit und sein Team stellten die Hypothese auf, dass für den Effekt im Champagner Proteine verantwortlich sind. Ähnlich wie Seife reduzieren sie die Spannungskräfte zwischen Gasblasen und Flüssigkeit. „Diese Proteinmoleküle verleihen dem Sekt seinen einzigartigen Geschmack und stabilisieren zudem die Bläschenketten“, so Zenit. Ihre Vermutung bestätigte sich: Gaben die Forschenden nachträglich ähnliche seifenartige Moleküle in Bier und Wasser, stellte sich auch dort dieselbe Ordnung ein.

Erhöhten die Forschenden hingegen in einer weiteren Versuchsreihe den Druck der eingeblasenen Luft und erzeugten so größere Blasen, verschwanden die Unterschiede: Nun bildeten sich in allen Flüssigkeiten stabile aufsteigende Blasenketten. In der Praxis ist dieser stabilisierende Effekt allerdings vernachlässigbar – schließlich lässt sich die Größe der Bläschen in den Getränken nicht variieren. Champagnerbläschen sind und bleiben klein.

Die Studie erklärt nicht nur, warum sich in Champagner feine Bläschenketten bilden und in Sprudelwasser nur selten. Die Erkenntnisse können auch auf jede andere Flüssigkeit übertragen werden – etwa auf chemische Reaktionen in der Industrie, bei denen ebenfalls Blasen aufsteigen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2023/fluessigkeiten-warum-sich-im-champagner-blaeschenketten-bilden/