Von gescannten Rastern und wechselnden Intensitäten
Die TV-Röhre arbeitet nach dem selben Prinzip wie die Teilchentherapie, allerdings bleibt die Ionenbestrahlung nicht auf der Oberfläche, sondern arbeitet fein abgestuft im Dreidimensionalen.
Intensitätsmodulierte Teilchentherapie mit dem Rasterscan-Verfahren
Da Ionen geladene Teilchen sind, lassen sie sich mit Magnetfeldern ablenken. Im Prinzip entspricht das so genannnte „Rasterscan-Verfahren“ dem Entstehen eines Fernsehbildes per Elektronenstrahl auf dem Bildschirm. Das Bild wird in Zeilen und Spalten zerlegt und der Strahl über die Bildpunkte (Pixel) einer Zeile gefahren und je nach gewünschter Helligkeit in der Intensität moduliert. Auch beim Ionenstrahl setzt man heute nicht mehr auf eine passive Strahlaufweitung, sondern nutzt ein aktives Verfahren mit seitlicher magnetischer Ablenkung und präziser Energievariation im Beschleuniger. Dazu wird das Zielvolumen – der Bereich des Tumors – rechnerisch in Schichten gleicher Teilchenreichweite zerlegt und für jede Schicht die entsprechende Energie vom Synchrotronbeschleuniger eingestellt.
Für jede Schicht wird die zu bestrahlende Fläche mit einem Netz von Pixeln belegt. Diese tastet der Strahl dann rasterförmig ab und bestrahlt jeden Punkt mit einer individuellen vorausberechneten Teilchenzahl. Da bei der Bestrahlung der tieferen Schichten die davor liegenden Schichten teilweise bestrahlt werden, muss diese „Vorbestrahlung“ in den mittleren und vorderen Schichten berücksichtigt werden. Das neue Bestrahlungsfeld ist daher nicht homogen. Wenn man zusätzlich die Variation der biologischen Wirksamkeit berücksichtigt, wird eine extrem inhomogene Teilchenbelegung pro Schicht erforderlich, um insgesamt eine homogene Verteilung des biologischen Effektes über den gesamten Tumor zu erreichen.
Durch die Variation der Strahl-Energie lässt sich die bestrahlte Fläche in der Tiefe verschieben und damit ein dreidimensionales Gebilde wie ein Tumorvolumen exakt „ausleuchten“. Selbst kritische Organe, die von einem Tumor ganz oder teilweise eingeschlossen sind, können durch die intensitätsmodulierte Ionentherapie ausgespart oder zumindest mit einer stark reduzierten Dosis belegt werden. Dies ist häufig bei Tumoren um den Hirnstamm im Schädelbasisbereich der Fall.
Mit dem Rasterscan-Verfahren lässt sich die Dosis im Hirnstamm weit unter der Toleranzdosis halten. Wird eine kritische Struktur teilweise oder ganz von einem Tumor umschlossen, ist es sinnvoll, Teilchenbahnen durch die kritische Struktur hindurch zu vermeiden und die Dosis von der jeweils gegenüberliegenden Seite zu einzubringen. Im Allgemeinen reichen zwei oder drei Einstrahlrichtungen aus, um einen optimalen Aussparungseffekt zu erreichen. Die Dosisanteile aus den verschiedenen Richtungen sind dann extrem inhomogen, ergeben aber insgesamt einen homogenen Effekt. Durch diese intensitätsmodulierte Ionentherapie (Intensity Modulated Particle Therapy, IMPT) erhält man eine optimale Übereinstimmung des bestrahlten Volumens mit dem Zielvolumen und eine maximale Schonung kritischer Strukturen auch innerhalb des Zielvolumens.
Ein weiterer wichtiger Parameter ist in vielen Fällen die Steilheit des Dosisabfalls zwischen dem Zielvolumen und einem kritischen Organ (siehe Abbildung). Im Vergleich wird für denselben Patienten ein Kohlenstoff-Bestrahlungsplan mit einem Protonen-Bestrahlungsplan verglichen. Die Kohlenstoffionen haben einen 3mal steileren Randabfall. Das gilt für alle Eindringtiefen. Damit können Tumoren auch in kritischer Lage mit hoher Dosis bestrahlt werden und so das Wiederauftreten von Krebszellen, ein so genanntes Tumor-Rezidiv, am Feldrand verhindert werden. Die hohe Präzision des Kohlenstoffstrahls und die geringe Dosis im Eingangskanal erlauben es, ohne gravierende Nebenwirkungen die effektive Tumordosis zu steigern und eine totale Inaktivierung des Tumorgewebes zu erreichen und so den Patienten zu heilen.
Lesen Sie im folgenden Teil über Qualitätssicherung und über das Verfahren der PET-Analyse
In der Strahlentherapie wird die Energie, die in einem Körper deponiert wird, als Dosis bezeichnet. Die Dosis wird in Gray (Gy) gemessen. 1 Gy = 1 Joule / kg.
Die tägliche Dosis einer einzelnen Bestrahlung liegt bei 2-3 Gy, die Gesamtdosis einer Therapie bei 60-70 Gy. Absolut gesehen sind dies sehr kleine Energiemengen. Sie führen im Zielvolumen zu einer sehr kleinen Temperaturerhöhung von einigen tausendstel Grad, liegen also weit unterhalb der Temperaturschwankung im Tageszyklus. Die Wirkung ionisierender Strahlung ist deshalb kein Temperatureffekt. Ionisierende Strahlung greift direkt an den chemischen Bindungen an und führt deshalb zu gravierenden Schäden an biologische wichtigen Molekülen in der Zelle, vor allem an der DNA, die die gesamte genetische Information enthält.
Weiterführende Literatur
Amaldi U., Kraft G.: Recent applications of Synchrotrons in cancer therapy with Carbon Ions. europhysics news,. Vol. 36, No. 4, pp.114-118, 2005
Schulz-Ertner D. et al.: Results of Carbon Ion Radiotherapy in 152 Patients. Int. J. Radiation Onc. Biol. Phys., Vol. 58, No. 2, pp. 631-640, 2004
Nikoghosyan A., Schulz-Ertner D., et al.: Evaluation of Therapeutic Potential of Heavy Ion Therapy for Patients with locally advanced Prostate Cancer. Int. J. Radiation Onc. Biol. Phys., Vol. 58, No. 1, pp. 89-97, 2004
Kraft G.: Tumor Therapy with Heavy Charged Particles. Progress in Part. and Nucl. Phys., Vol. 45, Suppl. 2, pp. S473-S544, 2000
Tumortherapie mit schweren Ionen; Gesellschaft für Schwerionenforschung (Feb.2008)
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/tumortherapie/rasterscan-verfahren/