Der beste Elektronen-Transporter der Welt

Hauchdünne Schichten aus Kohlenstoff leiten Ladungsträger sehr effizient

Manchester (Großbritannien) - Je leichter sich Elektronen durch Halbleiter bewegen können, desto besser sind die Halbleiter für elektronische Bauelemente geeignet. Erfüllt Silizium diese Aufgabe schon recht gut, stellen nun hauchdünne Schichten aus Kohlenstoff alle anderen bekannten Materialien in den Schatten. Wie ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift "Physical Review Letters" berichtet, ist die Beweglichkeit der Elektronen in diesen Graphen-Lagen 100-mal besser als in Silizium und sogar etwa doppelt so gut wie Nanoröhrchen aus Kohlenstoff und dem bisherigen Rekordhalter Indiumantimonid.

"Unsere Arbeit zeigt,dass einzelne Graphen-Schichten das beste Material für elektronische Anwendungen sind", sagt André Geim von der Manchester University. Zusammen mit russischen, niederländischen und amerikanischen Kollegen bestimmte er den Wert für die Elektronen-Beweglichkeit, die so genannte intrinsische Mobilität, auf 200.000 cm2/Vs. Silizium erreicht gerade mal 1500 und Galliumarsenid 8500 cm2/Vs. Diese Werte geben an, wie gut die Materialien für schnelle Schaltprozesse bei möglichst geringen Energieverlusten geeignet sind.

"Eigentlich sprechen unsere Ergebnisse gegen alle Erwartungen", sagt Geim. Denn Werkstoffe sollten Elektronen schlechter leiten, je dünner sie sind. Doch für die Graphen-Schichten, die lediglich aus einer einzigen Lage aus Kohlenstoffatomen bestehen, scheint diese Regel nicht zu gelten. Dafür verantwortlich könnte der einzigartige, gleichmäßige Aufbau dieser Kohlenstoffschichten sein, in denen sich die einzelnen Atome wie die Drähte in einem Maschendrahtzaun miteinander verknüpfen.

Schaltkreise auf Graphenbasis werden dennoch nicht so bald in die Computerchips gelangen. Zuvor muss es den Forschern gelingen, qualitativ hochwertige Wafer aus diesem Material herzustellen. Zudem meint André Geim, dass Transistoren die beste Leistungsfähigkeit bereits mit geringen Werten von etwa 20.000 cm2/Vs erreichen könnten. Graphen wäre also zehnmal zu gut für diese Anwendungen. Aber für hochempfindliche Sensoren und effiziente Quellen von Terahertzstrahlung könnte die hohe Elektronenbeweglichkeit von Graphen voll ausgenutzt werden. Bestätigt sich diese Annahme, könnten Terahertzdetektoren in einigen Jahren Gepäckstücke an Flughäfen viel besser durchleuchten als alle Röntgengeräte, die heute dazu verwendet werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2008/der-beste-elektronen-transporter-der-welt/