Antimagnet – Prototyp wirkt als Tarnkappe für Magnetfelder

Patienten mit Herzschrittmachern können auf Kernspin-Untersuchungen hoffen, die für sie bisher zu gefährlich waren.

Jan Oliver Löfken

Bratislava (Slowakei)/Barcelona (Spanien) – Die Tarnkappe für statische Magnetfelder ist Wirklichkeit geworden. Nur ein gutes halbes Jahr nach einer Simulation am Rechner schufen Physiker eine Art Antimagnet. Ein erster Prototyp etwa von der Größe eines Fingerhuts schützte seinen Innenraum vor Magnetfeldern und war zugleich für diese von außen unsichtbar. Diese Technik könnte beispielsweise für Patienten mit Herzschrittmachern Vorteile bieten, die sich bisher nicht den magnetischen Feldern in einem Kernspintomografen aussetzen durften. Über ihren Erfolg berichten die Forscher in der Zeitschrift „Science“.

Drei Bilder, auf denen verschiedene Ringe zwischen magnetischen Spulen liegen. Der erste Ring aus ferromagetischem Material verbiegt die Linien, welche die Feldlinien des Magnetfelds darstellen sollen. Der zweite Ring aus supraleitendem Material lenkt die Linien ab, sodass sie um den Ring herumfließen müssen. Durch den dritten Ring fließen die Linien so hindurch, dass sie am Ende genauso senkrecht aus dem Ring heraustreten, wie sie eingetreten sind. Dieser Ring bildet die Tarnkappe.

Antimagnet als Tarnkappe

„Unsere zylindrische Doppelhülle tarnt ein gleichmäßiges magnetisches Feld“, sagt Alvar Sanchez von der Universitat Autònoma de Barcelona in Spanien. „Und nur bereits verfügbare Materialien kamen dabei zum Einsatz.“ Für ihren Prototyp nutzten sie einen Hochtemperatur-Supraleiter und eine ferromagnetische Legierung aus Eisen, Nickel und Chrom. Aus beiden Materialien fertigten sie den Doppelzylinder, der vereinfacht beschrieben wie ein Antimagnet wirken kann.

Zusammen mit Kollegen von der slowakischen Akademie der Wissenschaften in Bratislava analysierte Sanchez das Verhalten des Tarn-Zylinders auf statische Magnetfelder. Mit einer sogenannten Hall-Sonde bestimmten sie das magnetische Feld im Innern des Zylinders. Es zeigte sich, dass der mit flüssigem Stickstoff auf minus 193 Grad Celsius abgekühlte Supraleiter-Mantel als wirksame Barriere für Magnetfelder von bis zu 40 Millitesla ausreichte.

Der Supraleiter selbst jedoch konnte äußere Magnetfelder sehr wohl stören. Um dieses Problem zu beheben, fügten die Forscher eine zweite, äußere Hülle aus der Eisenchromnickel-Legierung hinzu. Erst durch diese Doppelschicht wurde die Tarnkappe auch für äußere Magnetfelder quasi unsichtbar. Ein statisches Magnetfeld wurde nicht mehr gestört und konnte sich nahezu unverändert um den Zylinder ausbreiten.

Auf dem Feld der Tarnkappen-Forschung stellt dieser Antimagnet einen interessanten Spezialfall dar. Denn im Unterschied zu Metamaterialien für Mikrowellen oder sichtbares Licht muss seine Struktur nicht auf unterschiedliche Frequenzen abgestimmt sein. Daher kann die Größe dieser Magnet-Tarnkappe theoretisch ohne Probleme an die zu versteckenden Objekte angepasst werden. Als erste Anwendung könnten Herzschrittmacher mit diesem Tarnmaterial ummantelt werden, um nicht mehr von den starken Magnetfeldern in einem Kernspintomografen gestört zu werden.

„Doch Magnetismus wird in vielen Technologien genutzt: Energieerzeugung, Motoren, Computerspeicher und so weiter“, sagt Sanchez. Diese Anwendungen benötigten generell eine exakte Form von Magnetfeldern. Der Anti-Magnet könnte damit vielseitige Abschirmmöglichkeiten bieten, um zu neuen Varianten in diesen Technologien zu führen, ist Sanchez überzeugt.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2012/antimagnet-prototyp-wirkt-als-tarnkappe-fuer-magnetfelder/