Chemischer Chip rechnet mit Flüssigkeiten

Neuartiger Mikroprozessor soll zu schnelleren Analysen und Diagnosen führen.

Jan Oliver Löfken

Dresden – In Bruchteilen von Sekunden schalten Elektronen in modernen Computerchips. Deutliche langsamer aber nach einem vergleichbaren Prinzip rechnet ein chemischer Prozessor mit Flüssigkeiten. Entwickelt wurde dieser Chemiechip an der Technischen Universität Dresden und soll schnellere Analysen beispielsweise von Blut- oder Urinproben ermöglichen. Einen Prototyp stellten die Forscher nun auf der Internationalen Konferenz „Smart Materials, Structures and Systems“ im italienischen Montecatini Terme vor.

Durchsichtige, rechteckige Kunststoffplatte, an deren Rändern zahlreiche Schläuche befestigt sind. In der Platte ist ein enges Geflecht aus weißlichen Kanälen zu sehen.

Prototyp des Chemiechips

"Wir hoffen, dass mit unserem Konzept die Leistung von Lab-On-Chip-Systemen drastisch gesteigert werden kann", berichtet das Team um Andreas Richter am Institut für Halbleiter und Mikrosysteme der TU Dresden. Ihr Prototyp eines chemischen Chips besteht vollkommen aus Kunststoff, der von hunderten winziger Kanäle durchzogen wird. Zwischen den Mikrokanälen und knapp 400 filigranen Reaktionskammern können Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Konzentrationen gelöster Chemikalien fließen. Über gut 2000 ebenso fein aufgebaute Mikroventile können Fließrichtung und Mengen von weniger als einem millionstel Liter gesteuert werden.

Je nach Zusammensetzung der eingesetzten Flüssigkeiten kommt es in dem Chemiechip nun zu verschiedenen Prozessabläufen, die prinzipiell mit dem elektronischen Schaltverhalten von Elektronen in einem klassischen Schaltkreis vergleichbar sind. Zum Beispiel können einzelne Mikroventile in Abhängigkeit von Stoffkonzentrationen eine Flüssigkeit durchlassen oder stoppen. Das Ergebnis einer solchen komplett selbstständig ablaufenden chemischen Berechnung lässt sich abschließend über fluoreszierende Flüssigkeiten in den Reaktionskammern auslesen.

Dieser Prototyp belegt, dass rudimentär logische Prozesse auch mit Flüssigkeiten statt mit Elektronen möglich sind. Je nach Anwendung könnten nun Chemiechips beispielsweise für die Messung des Blutzuckerspiegels entwickelt werden. Aber auch komplexere Analysen halten die Forscher für möglich, die in Zukunft zuverlässige Schnelldiagnosen bei Patienten oder Messungen von Umweltschadstoffen in Aussicht stellen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2012/chemischer-chip-rechnet-mit-fluessigkeiten/