Tarnkappe lässt Schatten verschwinden

Mehrfache Streuung von Lichtteilchen sorgt für Tarneffekt im sichtbaren Spektralbereich.

Jan Oliver Löfken

Zeichnung eine dunkelgelbe Oberfläche mit einer kreisförmigen, grauen Öffnung in der Mitte. Darum herum sind dünne, schwarze Pfeile eingezeichnet, die von der hinteren Kante zur vorderen laufen.

Forschern gelang es erstmals, einen kleinen Metallzylinder komplett unter einer Tarnkappe verschwinden zu lassen. Dieser Erfolg wurde allerdings auf einem völlig anderen Weg möglich als bei vorherigen Forschungsansätzen auf der Basis von symmetrisch strukturierten Metamaterialien. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“ berichten, konnte stark gestreutes Licht in einer milchig-trüben Flüssigkeit so um den getarnten Metallzylinder gelenkt werden, dass dieser keinen Schatten mehr warf. Trotz der Einschränkung dieser Tarnung auf eingetrübte Medien halten die Forscher erste praktische Anwendungen für möglich.

„Lichtstreuende Medien lassen sich nutzen, um Objekte darin zu verstecken“, erklärt Robert Schittny vom Karlsruhe Institut für Technologie. In diesen Medien, die optisch vergleichbar sind mit Milchglasscheiben, Wolken oder Nebel, bewegt sich kein Lichtteilchen auf geradem Weg, sondern wird häufig an streuenden Partikeln abgelenkt. Genau diese Eigenschaft nutzten Schittny und seine Kollegen aus, um eine funktionierende Tarnkappe zu entwickeln.

Ein dunkelgelber Quader, in dem sich zwei kreisrunde Öffnungen befinden. Um diese grauen Öffnungen sind Pfeile eingezeichnet, die von der hinteren Kante zur Vorderen verlaufen. Im Vordergrund ist eine Lupe zu sehen, die kleine lila Kugeln zeigt, die durch pinke Linien verbunden sind. Rechts unten im Bild ist eine Ein-Euro-Münze zu sehen.

Schematische Darstellung einer Tarnkappe

Für ihr Experiment bestrichen die Forscher einen kleinen Metallzylinder mit weißer Dispersionsfarbe. Einfallendes Licht wurde von diesem diffus reflektiert. Anschließend umhüllten sie den Zylinder mit einem dünnen Tarnmantel aus einem transparenten Silikonkunststoff. In diesen Kunststoff hatte das Team zuvor viele kleine Streupartikel aus einem Melaninharz eingelagert. Den so getarnten Metallzylinder stellten Schittny und Kollegen in eine milchig-trübe Flüssigkeit aus Wasser mit fein verteilter weißer Wandfarbe.

Der Effekt: Einfallendes Licht wurde in dem Tarnmaterial stärker gestreut als in dem trüben Wasserbad. Dadurch konnten Lichtwellen um das Objekt herum gelenkt werden. In ihrem Experiment strahlten die Forscher Licht von einem flachen Bildschirm in die Flüssigkeit. Dieses wurde sowohl von der Flüssigkeit als auch von der Tarnkappe so gestreut, dass der Metallzylinder keinen Schatten mehr warf. Bei Vergleichsversuchen ohne Tarnkappe dagegen konnte ein deutlicher Schattenwurf beobachtet werden.

„Das Verschwinden des Schattens ist der Beweis für gelungenes Tarnen", sagt Schittny. Und obwohl es sich um ein Grundlagenexperiment handelt, kann er sich schon erste Anwendungen vorstellen. So könnten in eine Milchglasscheibe Sensoren oder gar stabilisierende Stahlstäbe eingelagert werden, die dank der Tarnung von außen nicht sichtbar wären. Sollten andere Forschergruppen diesen Tarnkappeneffekt experimentell bestätigen und gar verfeinern, wären weitere Anwendungen durchaus vorstellbar.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2014/tarnkappe/