Wachstum von Nanostrukturen live verfolgt
Um das Wachstum von Nanostrukturen gezielt beeinflussen zu können, muss man diesen Prozess zunächst im Detail verstehen. Mit diesem Ziel haben Forscher nun mithilfe von Röntgenstreuung in Echtzeit verfolgt, wie sich kugelförmige Kohlenstoffmoleküle auf einem Substrat ablagern. Zusammen mit theoretischen Modellrechnungen ermöglichen diese Beobachtungen fundamentale Einblicke in molekulare Wachstumsprozesse, berichtet das Team im Fachblatt „Nature Communications“.
Die Wissenschaftler um Sebastian Bommel von der Humboldt-Universität zu Berlin verwendeten für ihre Experimente sogenannte Buckminster-Fullerene: Sechzig Kohlenstoffatome bilden hier eine Struktur aus abwechselnden Fünf- und Sechsecken. „Damit wir die Wachstumsprozesse wirklich live beobachten konnten, mussten wir die Oberfläche auf molekularer Ebene schneller vermessen als eine einzelne Schicht wächst, was ungefähr im Minutenabstand stattfindet", erläutert Koautor Stephan Roth vom Forschungszentrum DESY in Hamburg die Messungen an der Röntgenquelle PETRA III. Die erste Lage ist zu 99 Prozent fertiggestellt, erläutert Bommel die Ergebnisse, bevor das erste Prozent der zweiten Lage entsteht. Auf diese Weise bilden sich extrem glatte Schichten.
Um die Entwicklung der Oberflächenformen auf molekularer Ebene zu verstehen, führte das Team zudem umfangreiche Computersimulationen durch. Darin spielten sie den gesamten Wachstumsprozess der Kohlenstoffmoleküle zu einer Gitterstruktur nach. Dank dieser Kombination aus experimentellen Beobachtungen und Modellrechnungen konnten die Wissenschaftler für ein derartiges System erstmals drei zentrale Energieparameter zugleich bestimmen: die Bindungsenergie der Fullerene untereinander sowie die sogenannte Diffusionsbarriere, die ein Molekül überwinden muss, wenn es sich auf der Oberfläche bewegen will, und die Ehrlich-Schwoebel-Barriere, die ein Molekül überwinden muss, wenn es auf einer unvollendeten Molekülschicht landet und von einer solchen Insel herunterhüpfen soll.
„Durch diese Werte verstehen wir jetzt erstmals wirklich, wodurch das Wachstum von Nanostrukturen bestimmt wird“, betont Bommel. „Wenn man in die Zukunft denkt, ist es vorstellbar, mit diesem Wissen gezielt das Wachstum der Strukturen zu beeinflussen: Wie muss ich meine Parameter Temperatur und Depositionsrate verändern, um eine bestimmte Inselgröße wachsen zu lassen.“ Das könnte beispielsweise für organische Solarzellen, die Buckminster-Fullerene beinhalten, interessant sein. Mit denselben Methoden wollen die Forscher in Zukunft auch das Wachstum weiterer molekularer Systeme erkunden.
Pressemitteilung des Forschungszentrums DESY gemäß den Bedingungen der Quelle
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2014/wachstum-von-nanostrukturen/