Elektronische Haut fühlt Druck und Wärme

Ferroelektrische Schicht kann zwischen verschiedenen Reizen unterscheiden und könnte sich als Komponente für Roboter oder für die medizinische Diagnostik eignen.

Jan Oliver Löfken

Dünne Sensorfolien können entweder Druck- oder Wärmereize mit bereits hoher Empfindlichkeit nachweisen. Wissenschaftler konnten nun diese beiden Eigenschaften in einer mikrostrukturierten, elektronischen Haut miteinander verknüpfen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, kombinierten sie für ihre flexible Sensorfolie verschiedene Materialien, deren elektrischen Eigenschaften sich bei Druck- und Temperaturschwankungen veränderten. Erste Versuche zeigten, dass diese Folie sowohl in der Robotik als auch für die medizinische Diagnostik geeignet sein könnte.

Eine menschliche Hand und eine Roboterhand tippen auf eine Fläche, darunter ist der Aufbau der beiden illustriert.

Menschliche Haut vs. künstliche Haut

„Für unsere künstliche Haut kopierten wir den Aufbau und die Funktion von einer Fingerspitze“, sagt Hyunhyub Ko vom Ulsan National Institute of Science and Technology (UNIST). Die Aufgabe der Nervenzellen in der menschlichen Haut übernahm dabei eine ferroelektrische Polymerfolie aus hauchdünnen Kohlenstoffschichten aus Graphenoxid und dem druckempfindlichen, piezoelektrischen Kunststoff Polyvinylidenfluorid (PVDF). Die noppenförmige Struktur dieser Schicht konnte dabei die Empfindlichkeit für Druck und Temperatur steigern. Auf die Ober- und Unterseite aufgedampfte Goldschichten dienten als Elektroden, um winzige Spannungsänderungen infolge der äußeren Reize aufzuzeichnen.

Ko und Kollegen führten mit ihrer künstlichen Haut von etwa der Größe eines DIN A4-Blatts mehrere Testreihen durch. Schon die leichte Berührung mit einem Haar reichte aus, um ein messbares Tastsignal zu erhalten. Der sanfte Druck einer aufgelegten Hand konnte ebenso gemessen werden. Doch zusätzlich lieferte die Folie über geringe Spannungsänderungen ein grobes Wärmebild der Handfläche. Selbst Druck und Wassertemperatur fallender Tropfen ließen sich simultan detektieren. Sowohl Wärme als auch Druck führten dabei zu messbaren elektrischen Signalen. Doch die verursachenden Reize ließen sich bei der Analyse aufgrund der unterschiedlichen Signalstruktur mit Variationen der elektrischen Spannung und des elektrischen Widerstands gut voneinander unterscheiden. So waren – wie bei der menschlichen Haut – zeitgleiche Wahrnehmungen von Druck und Wärme möglich.

Diese Sensorfolie konnte Temperaturen zwischen 0 und 100 Grad Celsius und leichte Drücke von 0,5 bis zu 50 000 Pascal gleichzeitig nachweisen. Selbst nach tausendfachem Verbiegen funktionierte sie zuverlässig. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass bald erste Roboter mit dieser empfindlichen elektronischen Haut ausgestattet werden könnten. Doch auch für leichte und dünne Armbänder, die permanent Puls, Blutdruck und Körpertemperatur messen können, wären diese Sensorfolien geeignet.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2015/elektronische-haut-fuehlt-druck-und-waerme/