Nanowerkstoff aus Seide und Titandioxid

Transparente und zugleich flexible Nanoschichten zeigen einen ungewöhnlich hohen Brechungsindex.

Jan Oliver Löfken

Weiche Seide und sprödes Titandioxid – intuitiv klingt das nach einer ungewöhnlichen Mischung. Doch Wissenschaftlern gelang es mit einem neuen Nanowerkstoff aus Seidenproteinen und winzigen Titandioxidteilchen, diese beiden Materialien zu vereinen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Advanced Materials“ berichten, fertigten sie aus diesen Substanzen hauchdünne, flexible Schichten, die vielseitig nutzbare optische Eigenschaften aufwiesen. Mögliche Anwendungen sehen die Forscher in implantierbaren Modulen oder Sensoren, die Daten über Lichtwellen leiten könnten.

Vergrößerte Aufnahme des neuen Materials, das ein breiter Streifen mit runden Einkerbungen durchzieht.

Titanseide

„Dieser Ansatz ist reizvoll, um die Eigenschaften von Seide und anorganischen Titandioxid-Schichten miteinander zu verknüpfen“, sagt Fiorenzo G. Omenetto von der Tufts University in Medford, USA. So zeigen durchsichtige Nanoschichten aus Titandioxid einen extrem hohen Brechungsindex, sind selbst aber wenig stabil. Doch dieser Nachteil ließ sich mit einem flexiblen Gerüst aus Seidenproteinen, die den Hauptbestandteil von Seidenfasern ausmachen, beseitigen.

Omenetto und Kollegen verteilten für ihre Experimente jeweils sowohl die Fibroin genannten Seidenproteine als auch Nanoteilchen aus Titandioxid in wässrigen Lösungen. Dann vermischten sie beide Flüssigkeiten und benetzten mit dem Gemisch eine schnell rotierende Unterlage. Dabei entstanden nur wenige Nanometer dünne Schichten, in denen sich die Titandioxidteilchen gleichmäßig in einem Gerüst aus Seideproteinen verteilten.

Diese Nanoschichten wuschen die Forscher mit Methanol, erwärmten sie auf bis zu 200 Grad und setzten sie daraufhin für kurze Zeit ultravioletter Strahlung aus. Nach dieser Behandlung zeigten die stabilen und zugleich flexiblen Schichten einen ungewöhnlich hohen Brechungsindex von 1,97 für grünes Licht. Damit eignen sie sich für den Bau von biokompatiblen, optischen Modulen, die beispielsweise für winzige und implantierbare Sensoren genutzt werden könnten. Dabei könnte es von Vorteil sein, dass sich dieses Nanomaterial auch mit den filigranen Düsen von Tintenstrahldruckern strukturieren ließ.

Die Studie zeigt, wie vielfältig Proteine aus Seidenfasern für die Synthese neuer Nanomaterialien genutzt werden können. Nutznießer könnte besonders die Medizintechnik sein, um für den Körper unbedenkliche Implantate zu entwickeln.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2015/nanowerkstoff-aus-seide-und-titandioxid/