Schaltbare 3D-Strukturen aus Flüssigkristallen

Verbunden mit Polymermolekülen lassen sich Flüssigkristalle als Bausteine für kontrolliert verformbare Oberflächen nutzen, die auf Wärme reagieren.

Jan Oliver Löfken

Foto eines Flüssigkristall-Gummis, auf dem zwei Glasplatten liegen

Winzige Flüssigkristalle stecken in jedem Pixel flacher Bildschirme. Verbunden mit Polymermolekülen lassen sich Flüssigkristalle nun auch als Bausteine für 3D-Strukturen nutzen, die erst durch Wärme, Licht oder Stromfluss wie auf Knopfdruck entstehen und sich danach wieder kontrolliert zurückbilden. Diese neue Materialklasse, über die Wissenschaftler um Taylor Ware vom Forschungszentrum der Wright-Patterson Air Force Base in Dayton in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, könnte für eine kontrollierbare Strukturierung etwa von Tragflächen, für Roboter oder als winziger Stellmotor genutzt werden.

Vier Bilder, die verschiedene Stadien der Verformung eines Flüssigkristall-Gummis zeigen.

Verformung von Flüssigkristall-Elastomeren

„Flüssigkristall-Elastomere zeigen eine erhebliche Verformung unter Wärmezufuhr“, sagt Koautor Timothy White, ebenfalls vom Forschungszentrum der Wright-Patterson Air Force Base. Das Team um Ware wollte genau diese Eigenschaft kontrolliert nutzen und verknüpfte dazu handelsübliche Flüssigkristalle mit flexiblen Polymermolekülen. Die so erzeugten Flüssigkristall-Elastomere – kurz LCE – verteilten die Forscher dann auf einer Fläche, die sie zuvor mithilfe eines Lasers mit flachen geometrischen Mustern versehen hatten. Entsprechend dieser Muster ordneten sich die LCE zu einem fünfzig millionstel Meter dünnen Film an.

Heizten Ware und seine Kollegen diesen LCE-Film auf bis zu 175 Grad auf, wölbte sich sofort eine kantige, dreidimensionale Struktur auf. Diese war etwa hundertmal dicker als der ursprüngliche Film. Bei dieser Verformung konnten sogar kleine Lasten, die fast 150-mal schwerer waren als der LCE-Film, angehoben werden. Abgekühlt sank die Struktur wieder vollständig in sich zusammen. Diesen Schaltprozess konnten die Wissenschaftler etwa hundertmal wiederholen, ohne dass Veränderungen an der 3D-Struktur erkennbar waren.

Abhängig von dem flachen geometrischen Muster ließen sich nun verschiedene, komplexe 3D-Strukturen aus LCE formen. Damit könnte diese Materialklasse für schaltbare Verformungen von Flugzeugoberflächen, für Roboter oder wegen der relativ starken Ausdehnungskräfte für kompakte Aktuatoren genutzt werden. Künftig wollen die Forscher auch Flüssigkristall-Elastomere entwickeln, die auf Licht oder Strompulse reagieren.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2015/schaltbare-3d-strukturen-aus-fluessigkristallen/