Metalinsen dünner als Papier

Feine Struktur aus Titandioxid soll komplexe und teure Optiken ersetzen – etwa in Mikroskopen oder Smartphones.

Jan Oliver Löfken

Künstlerische Darstellung wie Licht in Form eines gelben Sterns vor einem blauen Hintergrund von stäbchenförmigen Linsen gebündelt wird.

In jedem Smartphone steckt eine komplexe Linsenoptik, mit der sich relativ gute Fotos schießen lassen. Viel flacher und vor allem deutlich günstiger könnten in Zukunft Linsen aus sogenanntem Metamaterial werden. In der Fachzeitschrift „Science“ berichtet ein Forscherteam über eine extrem flache Metalinse aus fein strukturiertem Titandioxid. Über den gesamten sichtbaren Spektralbereich von blau bis rot konnten diese Metalinsen das Licht so gut fokussieren, dass Aufnahmen mit einer Auflösung von bis zu 400 Nanometern möglich waren. Diese Entwicklung könnte in Zukunft nicht nur für Smartphone-Kameras und Virtual-Reality-Displays, sondern auch für günstigere Lichtmikroskope genutzt werden.

„Unsere Metalinse besteht aus einem Areal winziger Wellenleiter, das Lichtwellen effizient beugen kann“, sagt Federico Capasso von der Harvard University in Cambridge, USA. Um diese Linsen herzustellen, lenkten die Forscher einen stark fokussierten Elektronenstrahl kontrolliert auf eine Kunststoffschicht. So brannten sie nanoskalige Strukturen in das Material und erhielten eine Art Schablone, die sie danach mit einem hauchdünnen Film aus Titandioxid bedeckten. Entsprechend der fein strukturierten Oberfläche der Schablone entstand ein Areal tausender, winziger Nanoflossen aus Titandioxid, die jeweils nicht größer als ein Bruchteil eines Mikrometers waren.

Schwarz-Weiß-Aufnahme einer Metalinse mit regelmäßig angeordneten dominosteinähnlichen Nanoflossen

Mikroskopaufnahme einer Metalinse

Obwohl Titandioxid als Pulver eigentlich weiß ist, waren diese extrem dünnen Nanoflossen-Areale durchsichtig. Einfallende Lichtwellen wurden durch die symmetrische Anordnung der Nanoflossen stark gebrochen. Dank dieser Eigenschaft konnte blaues, grünes und rotes Licht mit einer Metalinse mit jeweils angepassten Nanoflossen-Ausmaßen so gut fokussiert werden, dass Strukturen mit einer Auflösung von nur etwa 400 Nanometern sichtbar gemacht werden konnten. Damit erreichten die Metalinsen, die um ein Vielfaches dünner waren als ein etwa hundert Mikrometer dickes Blatt Papier, sogar bessere Werte als die besten verfügbaren Lichtmikroskope mit komplexen Optiken aus Glaslinsen.

„Diese Metalinsen für den sichtbaren Bereich genügen sehr hohen Anforderungen, die mit herkömmlichen Linsen schwer zu erreichen sind“, sagt Vladimir Shalaev von der Purdue University, USA, der nicht an der Entwicklung beteiligt war. So könnten schon bald Metalinsen entwickelt werden, die nicht nur für einzelne Lichtfarben, sondern für ein möglichst breites Spektrum ein hohes Auflösungsvermögen zeigen. Der Herstellungsprozess kann auf ausgereifte Lithografieverfahren für Computerchips aufbauen, so dass eine günstige Massenfertigung denkbar ist. „Schon in naher Zukunft werden Metalinsen in großem Maßstab zu einem Bruchteil der Kosten konventioneller Linsen gefertigt werden“, so Capassos Einschätzung. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat der Forscher sich die entsprechenden Patente für Metalinsen schon einmal gesichert.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2016/metalinsen-duenner-als-papier/