Material imitiert Saugnäpfe von Kraken

Neuer Werkstoff haftet auch an feuchten Flächen und könnte sich etwa für neuartige Wundpflaster eignen.

Jan Oliver Löfken

Schwimmender Krake in tiefblauem Wasser

Geckos können sich dank feiner Härchen an ihren Füßen selbst auf glatten Flächen halten. In nasser Umgebung versagt dieser Hafteffekt jedoch. Als Vorbild für ein neues bionisches Haftmaterial, das auch bei Feuchtigkeit funktioniert, bauten Forscher nun die filigrane Struktur der Saugnäpfe von Kraken nach. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, blieb ihr Material auch gut auf feuchter Haut haften und soll sich etwa für neuartige Wundpflaster eignen.

„Mikrometer kleine Strukturen in unserem künstlichen Haftmaterial vergrößerten den Saugeffekt“, erläutern Sangyul Baik und seine Kollegen von der Sungkyunkwan-Universität in Suwon das grundlegende Prinzip. Zuerst untersuchten die Forscher die Saugnäpfe von Kraken der Art Octupus vulgaris und beobachteten in den kleinen napfförmigen Mulden winzige Auswölbungen. Dank dieser Mikrostruktur können sich Kraken an glitschigen Steinen unter Wasser festhalten oder auch ihre Beutetiere greifen.

Links: Grafik, auf der eine behandschuhte Hand ein dünnes Blättchen hält, rechts: Vergrößerung des Blättchens, auf dem man kleine, regelmäßig angeordnete Mulden sieht.

Neues bionisches Material

Diese Mikrostruktur kopierten die Materialforscher mit einer flexiblen Kunststofffolie: Dazu pressten sie über lithografische Verfahren zuerst kleine Mulden mit Durchmessern zwischen 15 und 500 Mikrometern in ein Silikongummi. In diese Mikronäpfe – etwa 5000 pro Quadratzentimeter – füllten sie die flüssige Vorstufe des Kunststoffs Polyurethan-Acrylat-Polymer und härteten es unter ultraviolettem Licht aus. Auf diese Weise entstanden in den Mulden kleine kuppelförmige Auswölbungen. Pressten die Forscher ihre bionische Folie auf eine feuchte Fläche, saugte sie sich zuverlässig mit Haftkräften von gut 40 Kilopascal fest. Wurde Silikonöl statt Wasser verwendet, stiegen die Haftkräfte sogar auf bis zu 180 Kilopascal an.

Für diese guten Ergebnisse machen Baik und seine Kollegen zwei Effekte verantwortlich: Zum einen baut sich ein Vakuum auf, wenn man die Saugnapffolie andrückt und dabei Luft aus den Mulden herauspresst. Zudem wird die Haftkraft durch Kapillarkräfte verstärkt, verursacht durch die kuppelförmigen Auswölbungen in den Saugnäpfen. Und da Silikonöl eine höhere Viskosität als Wasser aufweist, sei die Haftkraft hier nochmals stärker.

Die besten Resultate erzielten die Forscher mit Saugnäpfen, die einen Durchmesser von 50 Mikrometern aufwiesen. Diese Saugnapffolien blieben selbst auf feuchter Haut zuverlässig haften. Als erste Anwendung schlägt das Team daher neuartige Pflaster vor, um etwa entzündete und nässende Wunden abdecken zu können.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2017/material-imitiert-saugnaepfe-von-kraken/