Magnesium leichter verformen

Neue Einblicke in die Kristallstruktur des Leichtmetalls könnten die Produktion von Bauteilen aus Magnesium drastisch vereinfachen.

Jan Oliver Löfken

Spirale aus Magnesium

Helmut Feil/iStock

Magnesium ist deutlich leichter als Stahl und Aluminium. Daher ist das Leichtmetall für den Bau sparsamerer Flugzeuge und Autos sehr interessant. Doch um Bleche aus Magnesium zu formen, sind bisher mehrere energieintensive und kostspielige Prozessschritte nötig. Eine internationale Forschergruppe untersuchte nun, wie sich die einzelnen Magnesiumatome beim Verformen verhalten. Ihre in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlichten Ergebnisse haben das Potenzial, die Produktion von leichteren Bauteilen aus Magnesium drastisch zu vereinfachen.

Bleche aus Aluminium lassen sich nahezu mühelos in beliebige Formen verbiegen. Der Grund liegt in der kubischen Kristallstruktur des Metalls. Magnesiumatome ordnen sich dagegen in einem hexagonalen Muster an: Würde man jeweils benachbarte Atome mit einer Linie verbinden, entstehen winzige Säulen mit einer sechseckigen Grund- und Deckfläche. Beim plastischen, also dauerhaften, Verformen wirken Scherkräfte auf das perfekte Kristallgitter und verdrängen Atome von ihrem vorgesehenen Platz. Diese Störung der Periodizität setzt sich entlang einer Linie im Kristall fort – ähnlich einer Falte, die man durch einen Teppich bewegt. Während solche Versetzungen im kubisch aufgebauten Aluminium auf vielen verschiedenen Wegen durch das Material laufen können, sind die Möglichkeiten beim hexagonalen Magnesium beschränkt. Genau dieses Verhalten analysierten Bo-Yu Liu von der chinesischen Jiaotong Universität in Xi´an und seine Kollegen nun genauer.

Für ihre Experimente wählten die Forscher kaum einen Mikrometer große Magnesiumkristalle. Diese Proben verformten sie und beobachteten den Effekt auf den kristallinen Aufbau gleichzeitig mit einem Transmissionselektronenmikroskop. Im Unterschied zu bisherigen Annahmen wiesen die Atome im Magnesiumkristall eine überraschende Beweglichkeit auf. Entlang zweier Ebenen im Kristallgitter bildeten sich die für das plastische Verformen nötigen Versetzungen. Deutlich größere Magnesiumstücke zeigen dieses Verhalten allerdings nicht. Je kleiner ein Kristall aus Magnesium ist, desto besser lässt er sich bei gleichbleibender Stabilität verformen, so das Team um Liu.

Auf der Basis ihrer Ergebnisse wollen die Wissenschaftler nun einen Weg finden, auch größere Magnesiumstücke leichter zu verformen. Dazu müsste die Mobilität der Atome entlang der beiden Ebenen auch in großen Magnesiumkristallen erhalten bleiben. Zudem wären andere Effekte beim Verformen, die zum Bruch des Werkstoffs führen, parallel zu unterdrücken. Mit welchen Methoden sich die Verformbarkeit kleiner Kristalle auf große Magnesiumstücke übertragen ließe, sollen nun weitere Arbeiten zeigen. Würde dieser Schritt tatsächlich gelingen, locken bis zu einen Drittel leichtere Flug- und Fahrzeuge mit entsprechend geringerem Treibstoffbedarf.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2019/magnesium-leichter-verformen/