Whisky ist nicht gleich Whiskey
Schottischer Whisky unterscheidet sich nicht nur in der Schreibweise und im Geschmack von amerikanischem Whiskey – auch die Zutaten und Herstellungsprozesse weichen voneinander ab. Nun entdeckten Wissenschaftler noch einen weiteren Unterschied: Verdunstet amerikanischer Bourbon Whiskey, kann er ein charakteristisches Netzwerkmuster hinterlassen. Bei schottischem Whisky tritt dieses Phänomen dagegen nicht auf. In der Fachzeitschrift „Physical Review Fluids“ gingen die Forscher den physikalischen Ursachen dieses Effekts auf den Grund.
Warum ein dünner Film schottischen Whiskys beim Verdunsten einen symmetrischen Ring auf der Unterlage hinterlässt, untersuchte eine Forschergruppe bereits vor drei Jahren. Demnach würden die in der Flüssigkeit verteilten organischen Substanzen durch Selbstorganisation ganz von allein an den Rand wandern und sich dort ringförmig anordnen. Von dieser Arbeit inspiriert prüften Stuart Williams von der University of Louisville in Kentucky und seine Kollegen, ob amerikanischer Whiskey ein ähnliches Verhalten zeigt. Dazu untersuchten sie sowohl pure als auch mit Wasser verdünnte Proben. Das Ergebnis: Auf 20 Volumenprozent gestreckter Bourbon hinterließ nach dem Verdunsten nicht nur einen Ring, sondern – wie sich unter dem Lichtmikroskop zeigte – ein jeweils einzigartiges Netzwerkmuster.
Dem Team um Williams zufolge seien dafür ebenfalls winzige organische Partikel in der Spirituose verantwortlich, die sich beim Verdunsten selbstständig zu den beobachteten Strukturen verknüpfen. Da amerikanischer Bourbon Whiskey in neuen Eichenfässern reift, enthält er deutlich mehr an diesen schwer löslichen Substanzen als schottischer Whisky, der bevorzugt in bereits benutzten Fässern lagert. Doch nicht nur die Partikeldichte, sondern auch die Alkoholkonzentration war für die Musterbildung entscheidend: Nur bei einem Gehalt von 20 Volumenprozent bildeten sich innerhalb der ersten Minute des Verdunstens turbulente Strömungen aus, die winzige Molekülkomplexe entstehen ließen – die Grundlage für die späteren Netzwerkmuster. Dieses Phänomen trat weder bei einer höheren noch bei einer niedrigeren Alkoholkonzentration auf.
Da die Netzwerkmuster für verschiedene Bourbonsorten unterschiedlich aussehen, könnte diese Methode laut Williams und seinen Kollegen möglicherweise aufwendige chemische Analysen ersetzen – eine weitere systematische Reihenuntersuchung vorausgesetzt.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2019/whisky-ist-nicht-gleich-whiskey/