Wie Ölgemälde altern

Die Infrarotspektroskopie offenbarte einen genauen Einblick in den Alterungsprozess von Ölgemälden und könnte zukünftig die Restauration von Bildern erleichtern.

Jan Oliver Löfken

Eine Lupe befindet sich über einem Ölbild und illustriert die molekulare Struktur der verwendeten Farbe.

J. Hermans/University of Amsterdam/Rijksmuseum

Jackson Pollock, Vincent van Gogh und Salvador Dalí zählen zu den bedeutendsten Malern des späten 19. und 20. Jahrhunderts. Ihre Gemälde erzielen auf Auktionen regelmäßig Höchstpreise. Doch trotz bester Lagerbedingungen altern die verwendeten Ölfarben – Risse entstehen, Pigmente wechseln ihre Farbe und Firnisse vergilben. Mit einer speziellen Spektroskopiemethode gelang es Wissenschaftler nun den Alterungsprozess auf molekularer Ebene exakt zu analysieren. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, zeigt die untersuchte weiße Farbe eine komplexe Wechselwirkung mit den öligen Bindemitteln. Dank der neuen Erkenntnisse könnten Restauratoren zukünftig ihre Methoden noch besser an das individuelle Altern der Bilder anpassen.

Joen Hermans von der Universität Amsterdam und seine Kollegen konzentrierten ihre Analysen auf Ölbilder, die mit weißer Farbe auf der Basis von Zinkoxid gemalt wurden. Denn im Lauf der Jahrzehnte verknüpfen sich die Zinkionen dieser Pigmente mit den ölhaltigen Bindemitteln zu komplexen Polymernetzwerken. Diesen typischen Prozess der Alterung analysierten die Forscher nun mithilfe der zweidimensionalen Infrarotspektroskopie. Dafür nutzten sie kurze Laserpulse im infraroten Wellenlängenbereich. Abhängig von ihrer Zusammensetzung absorbierten die Pigmentmoleküle das Licht mehr oder weniger stark. Die so entstehenden Spektren lieferten den Forschern eine Art Fingerabdruck der im Pigment vorliegenden Moleküle. Als Modellsystem verwendeten Hermans und seine Kollegen eine Pigment-Öl-Mischung, die den zu jener Zeit genutzten Farben sehr nahe kommt. Zudem untersuchten sie einen kleinen Bereich des Bildes „Die Holzfäller“ von Bart van der Leck aus dem Jahr 1928.

Die Analyse der aufgenommenen Spektren zeigte, dass sich die Zinkionen des weißen Pigments mit den ölhaltigen Bindemitteln zu zwei verschiedenen Strukturen verbinden konnten. Lagen in der Farbschicht sauerstoffhaltige Verunreinigungen oder Spuren von Wasser vor, bildeten sich sogenannte Zink-Oxokomplexe mit einem zentral angeordneten Sauerstoffion. In trockener Umgebung überwogen dagegen kettenförmige Zinkkomplexe. Mithilfe dieser Ergebnisse lässt sich nun auf den Alterungsgrad und Zustand eines Ölgemäldes schließen. Zudem könnten die Erkenntnisse zukünftig auch für Museen und Restauratoren wertvoll sein, um etwa die Lagerbedingungen besser anzupassen oder geeignete Konservierungsmethoden zu wählen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2019/wie-oelgemaelde-altern/