Eisfrei dank Mottenaugenstruktur

Mit bionischen Nanostrukturen nach dem Vorbild von Mottenaugen lässt sich auch bei schwachem Frost eine Vereisung von Oberflächen verhindern.

Jan Oliver Löfken

Nguyen Ba Duc

An frostigen Wintertagen müssen die Tragflächen von Flugzeugen für einen sicheren Flug aufwendig enteist werden. Daher sind Materialforscher auf der Suche nach speziellen Oberflächen, die einer Vereisung vorbeugen können. Einen Erfolg erzielten Physiker nun, indem sie die Nanostruktur von Mottenaugen imitierten. Wie sie in der Fachzeitschrift „AIP Advances“ berichten, wirken die neu entwickelten bionischen Oberflächen nicht nur wasserabweisend, sondern verhindern bei schwachem Frost das Bilden einer Eisschicht.

Ihren Prototypen fertigten Nguyen Ba Duc von der Tân Tạo Universität in der vietnamesischen Provinz Long An und sein Kollege auf der Basis von Quarzglas. Auf der transparenten und glatten Oberfläche verteilten sie zahlreiche Kügelchen aus Polystyrol. Bei einem anschließenden Ätzvorgang löste sich das Glas rund um die Kügelchen auf und unmittelbar unter ihnen blieben winzige Kegel stehen, jeweils fünfhundert Nanometer lang und an der Spitze mit einem Durchmesser von siebzig Nanometern. Allein diese Nanostruktur wirkte schon stark wasserabweisend und ließ sich kaum mit Wasser benetzen. Weitere Experimente zeigten, dass Wasser auf der Kegelstruktur erst bei minus fünf Grad Celsius gefror. Auf einer glatten Oberfläche aus Quarzglas vereiste Wasser dagegen schon knapp unter dem Gefrierpunkt. An der Basis der Kegel bildeten sich Eiskristalle sogar erst nach gut sechs Minuten bei minus 14 Grad Celsius.

In einem weiteren Schritt brachten die Forscher eine hauchdünne Schicht aus wachsartigem Paraffin auf die Nanostruktur auf. Da das Paraffin ebenfalls wasserabweisend wirkte, füllten sich die Zwischenräume zwischen den Nanokegeln kaum – auch bei wiederholten Gefrierversuchen. So ließ sich mit der Schicht aus Paraffin eine Vereisung insgesamt etwa hundertmal verhindern. Die unbeschichteten Nanokegel hielten dagegen nur wenigen Dutzend Zyklen stand. Ob die Tragflächen von Flugzeugen künftig mit solchen Nanostrukturen ausgestattet werden, hängt allerdings vom Preis ab und der Möglichkeit, eine solche Struktur auch für große Flächen herzustellen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2020/eisfrei-dank-mottenaugenstruktur/