Wie flüssiges Metall besser fließt
Quecksilber ist das einzige reine Metall, das bei Raumtemperatur flüssig ist. Doch auch Legierungen etwa aus Gallium, Indium und Zinn schmelzen – je nach Zusammensetzung – schon bei minus 19 bis plus 11 Grad Celsius. Dieses sogenannte Galinstan lässt sich etwa als Wärmeleitpaste verwenden, wobei sich allerdings beim Auftragen schnell störende Tropfen bilden. Nun haben Materialforscher entdeckt, dass schon kleine elektrische Spannungen ausreichen, um Galinstan gleichmäßig fließen zu lassen. Über ihre Experimente berichten sie nun in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
„Flüssigkeiten bilden Tropfen, weil das ihre Oberflächenenergie reduziert“, so Michael Dickey von der North Carolina State University in Raleigh. Das gilt insbesondere für flüssige Metalle, die eine viel höhere Oberflächenspannung aufweisen als andere Flüssigkeiten. Und genau dieses Verhalten verhindert, dass flüssige Metalle gleichmäßig fließen. Bislang konnte man dieses Problem beim Auftragen nur mit einer deutlich erhöhten Strömungsrate umgehen. Doch Dickey und seine Kollegen haben nun eine alternative Lösung gefunden: Zunächst ließen sie in ihren Experimenten eine flüssige Legierung aus Gallium und Indium ohne Zusätze aus Zinn durch eine haarfeine Kanüle mit einem Innendurchmesser von nur 100 Mikrometer in ein Wasserbad rinnen. Über zwei Elektroden – eine im Wasserbad, die andere an der elektrisch leitfähigen Zuleitung – legte das Team elektrische Spannungen von bis zu zwei Volt an.
„Diese Spannungen veränderten völlig das Verhalten des flüssigen Metalls“, sagt Co-Autorin Minyung Song. Denn schon bei einer Spannung von 0,7 Volt reduzierte sich die Oberflächenspannung des flüssigen Metalls drastisch – von 500 auf nur 0,1 Millinewton pro Meter. Dadurch bildeten sich am Ausgang der Kanüle keine Tropfen mehr, stattdessen strömte die Legierung gleichmäßig in das Wasserbad. Zudem zeigten die Experimente, dass sich durch die elektrische Spannung eine dünne Oxidschicht an der Metalloberfläche bildete. „Diese Oxide wirken wie Seifenmoleküle in Wasser. Sie reduzieren die Oberflächenspannung und verhindern die Tendenz zur Tropfenbildung“, sagt die ebenfalls an den Experimenten beteiligte Physikerin Karen Daniels.
Auch bei Spannungen bis zu zwei Volt blieb die gleichmäßige Strömung des flüssigen Metalls erhalten. Da aber die Oxidschicht bei höheren Spannungen etwas dicker wurde, wirkte das Metall etwas zähflüssiger. Das Verwenden von elektrischer Spannung hat noch einen weiteren Vorteil: Der Effekt lässt sich schnell und einfach ausschalten, sodass sich jederzeit wieder Tropfen bilden können. In Zukunft sehen die Forscher eine mögliche Anwendung in dehnbaren Drähten, in denen flüssiges Metall von einer flexiblen Kunststoffhülle ummantelt wird.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2020/wie-fluessiges-metall-besser-fliesst/