Bunte Farben mit Kühleffekt

Neuartige Oberflächen – strukturiert nach dem Vorbild von Schmetterlingen – verhindern ein Aufheizen unter Sonnenlicht.

Jan Oliver Löfken

Blauer Schmetterling

Vlaki/iStock

Weiße Oberflächen heizen sich im Sonnenlicht deutlich weniger stark auf als schwarze. Deswegen werden Hausdächer in Kalifornien oder Schienen in Italien bereits weiß angestrichen. Einen Kühleffekt auch für bunte Farben verspricht nun eine neuartige Beschichtung, die Forschende nach dem Vorbild von Schmetterlingen wie dem Blauen Morphofalter entwickelten. Dafür nutzten sie keine Farbpigmente, sondern die Reflexionseigenschaften von nanostrukturierten Oberflächen. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Optica“ berichten, ließ sich damit die Oberflächentemperatur um rund zwei Grad unter die Umgebungstemperatur senken.

Zwei blaue Schmetterlinge über einem blauen Quadrat und einer blauen Rolle mit dem neuen Material

Vorbild und Prototyp

Grundlage der neu entwickelten Farben ist eine mehrschichtige Struktur aus verschiedenen Materialien, wie etwa Silber oder Titan- und Siliziumdioxid. Vorab simulierten Wanlin Wang von der Universität Shenzhen und sein Team den Aufbau der reflektierenden Schichten aus Metalloxiden, um die gewünschten Farbeindrücke von blau, grün, gelb oder rot zu erzielen. Grundsätzlich ähnelt der Aufbau der feinen Strukturen den natürlichen Strukturen im Schmetterlingsflügel, wobei sie je nach Farbeindruck etwas variieren und sich daher etwa in Anordnung und Größe der Nanostrukturen unterscheiden. Für eine blau schimmernde Oberfläche beispielsweise wird so der blaue Anteil im Sonnenlicht über einen weiten Winkelbereich reflektiert und gestreut. Der komplementäre gelbe Farbanteil dagegen wird nur über einen kleinen Winkelbereich reflektiert, wodurch für das Auge nur die blauen Lichtwellen sichtbar sind. Bei den anderen Farben, die die Forschenden ebenfalls experimentell realisieren konnten, gilt dieses Prinzip entsprechend.

Um ein Aufheizen der Oberfläche zuverlässig zu verhindern, nutzten Wang und sein Team als unterste Schicht Silber, das einfallende Lichtwellen komplett reflektiert und jede aufheizende Absorption verhindert. Versuchsreihen unter direkter Sonneneinstrahlung belegten den kühlenden Effekt der Strukturfarben. So blieb eine blaue Fläche etwa nach mehreren Stunden deutlich kühler als eine Oberfläche, die mit einer herkömmlichen blauen Pigmentfarbe gestrichen war. Im Sommer ermittelten die Forschenden einen Temperaturunterschied von 35 Grad Celsius, im Winter waren die Oberflächen mit den filigranen Strukturfarben noch 15 Grad Celsius kühler.

Bisher beschichteten die Forschenden für ihre Pilotversuche allerdings nur starre Oberflächen auf einem Träger aus Milchglas. Doch prinzipiell sind diese kühlenden Strukturfarben auch für flexible Kunststofffolien geeignet. „Unsere kühlenden Beschichtungen könnten so in Zukunft zum Energiesparen und damit zum Klimaschutz beitragen“, so Wang. Vor einer solchen Anwendung müssten allerdings Verfahren entwickelt werden, um die filigran aufgebauten Strukturfarben schnell und großflächig auf eine Unterlage aufzutragen. Zudem wollen die Forscherinnen und Forscher die Silberschicht durch eine Lage aus Aluminium ersetzen, um die Kosten der kühlenden Farbschichten deutlich zu reduzieren.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2023/bionik-bunte-farben-mit-kuehleffekt/