Eigelb hilft gegen Vergilben

Anhand von Experimenten haben Forschende einen Farbtrick von Künstlerinnen und Künstlern der Renaissance entschlüsselt.

Jan Oliver Löfken

Ölgemälde: Der tote Jesus wird von sieben umstehenden Personen betrauert

Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München

Während Malerinnen und Maler heute einfach zu Ölfarben aus Tuben greifen, mussten sie ihre Farben in der Renaissance aufwendig aus mineralischen Pigmenten, Leinsamenöl und teilweise auch Eigelb selbst mischen. Die exakten Rezepte der Alten Meister wie Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli, Johannes Vermeer oder Rembrandt sind heute nicht mehr bekannt. Doch zahlreiche Analysen der verwendeten Ölfarben zeigten wegen des Eigelbs Proteinanteile in den Gemälden. Nun entschlüsselte eine Forschungsgruppe, wie besonders das Eigelb die Farbe streichfähig und stabil machte, und stellt ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ vor.

Für ihre Untersuchungen rührte das Team um Ophélie Ranquet vom Karlsruher Institut für Technologie verschiedene Ölfarben auf der Basis von Bleiweiß und Ultramarinblau an. Diese beiden Farben wurden von den Malerinnen und Malern häufig verwendet. Zum einen mischten Ranquet und ihr Team die Farbpigmente zuerst mit Öl und fügten später etwas Eigelb hinzu. Zum anderen vermischten sie die Pigmente erst mit Eigelb und ließen sie trocknen. Diese Masse zerstießen sie zu einem Pigmentpulver, das sie danach in Leinsamenöl zu einer streichfähigen Ölfarbe vermischten. Die erste Methode führte zu relativ festen, die zweite dagegen zu etwas flüssigeren Ölfarben, die sich leichter auftragen ließen.

Durch den Zusatz von Eigelb ließen sich die Farben aber nicht nur leichter verstreichen und damit verarbeiten. Das Eigelb beeinflusste auch das Trocknungsverhalten und die Langzeitstabilität der Ölfarben. Denn beim Trocknen laufen zahlreiche chemische Prozesse ab, die dazu führen können, dass sich kleine Falten oder gar Risse bilden. Besonders die Farben, bei denen die Pigmente zuerst mit Eigelb umhüllt und später in Öl verteilt wurden, zeigten vorteilhafte Effekte: Es bildeten sich beim Trocknen weniger Falten und Risse. Zudem vergilbten diese Farben weniger und waren widerstandfähiger gegenüber Feuchtigkeit. Die Ursache dafür sehen die Forschenden in der antioxidativen Wirkung der Proteinumhüllungen der Pigmente.

Diese Studie offenbart nicht nur die positiven Effekte von Eigelb bei der Entwicklung der Ölfarben in der Renaissance. Die Ergebnisse können nun auch die Arbeit der Restauratorinnen und Restauratoren alter Gemälde erleichtern. Denn wenn sie wissen, wie sich die verwendeten Ölfarben genau zusammensetzen, können sie die Gemälde besser konservieren und den ursprünglichen Zustand leichter wiederherstellen.

Wenn Sie Videos von YouTube anschauen, werden Daten an YouTube in die USA übermittelt.

Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Datenschutzseite.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2023/malerei-eigelb-hilft-gegen-vergilben/