Molekülgerüst filtert Kohlendioxid aus der Luft

Eine neu entwickelte Substanz fängt Moleküle des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid effizienter als bisherige Materialien ein – dank seiner speziellen Struktur.

Jan Oliver Löfken

Illustration des neuen Materials: Hexagonale Röhren ragen in die Luft, auf die Gebilde von drei Kugeln - eine türkise und zwei orange jeweils an den Seiten, zufliegen

Chaoyang Zhao for UC Berkeley

Für den Klimaschutz ist es wichtig, die Emissionen von Kohlendioxid zu reduzieren. Doch um die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius zu begrenzen, wird das alleine nicht reichen – es wird auch nötig sein, bereits freigesetztes Kohlendioxid, also CO2, aus der Luft herauszufiltern. Das nennt man „Direct Air Capture“, kurz DAC. Dazu sind spezielle Materialien nötig, die möglichst viel CO2 an sich binden und danach kontrolliert wieder abgeben können. Eine Forschungsgruppe entwickelte nun eine Substanz, die sich hierfür besonders gut eignet. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, könnten nur 200 Gramm des Materials pro Jahr so viel Kohlendioxid aus der Luft entnehmen wie ein Baum.

Aktuell gibt es bereits dutzende Substanzen, die Kohlendioxid binden können – von Natronlösungen bis zu Silikatkeramiken. Am besten funktionieren bisher Gerüstverbindungen mit einer porösen Struktur aus Metallatomen und organischen Molekülen. Damit können sie besonders viele CO2-Moleküle aus der Luft aufnehmen – meist jedoch zu langsam. Zudem sind oft mehrere hundert Grad Celsius nötig, um das eingefangene Kohlendioxid kontrolliert wieder herauszulösen und so das Filtermaterial wiederverwenden zu können.

Kleines, transparentes Gefäß, in dem sich ein gelbes Pulver befindet; dahinter der Glockenturm der University of California in Berkeley

Probe des kohlendioxidbindenden Stoffs

Auf der Suche nach einem besseren Material entwickelte das Team um Zihui Zhou von der University of California in Berkeley in mehreren Schritten ein Filtermaterial aus porösen Kristallen. Sie nennen es COF – ein Kürzel für „covalent organic framework“. Es besteht aus speziellen Molekülen, sogenannten Olefin-Polymeren. Diese ordneten sich bei der Herstellung zu einer festen Substanz mit zahlreichen, wenige Nanometer kleinen Poren an. An die Innenwände der sechseckigen Poren dockten die Forschenden spezielle Enden an – sogenannte Aminogruppen. Sie sind in der Lage, gezielt CO2-Moleküle an sich zu binden.

Kohlendioxid aus der Luft gefiltert

In ersten Tests ließ Zihui Zhou Umgebungsluft bei Raumtemperatur durch das Material strömen. Dabei filterte es ausschließlich CO2-Moleküle aus der Luft heraus. Nach etwa zwei Stunden war das Material dann vollständig mit Kohlendioxid gefüllt, es befanden sich also an allen Andockstellen CO2-Moleküle. In einem Gramm COF ließen sich so knapp 100 Milligramm Kohlendioxid binden. Dieses setzten die Forschenden dann kontrolliert wieder frei, um das COF-Material für den nächsten Einsatz zu regenerieren. Das gelang bereits bei relativ geringen Temperaturen zwischen 60 und 100 Grad Celsius.

Spezielle organische Gerüstverbindungen eignen sich offenbar sehr gut als CO2-Filter. Optimierte Strukturen des Materials könnten dazu führen, noch mehr und schneller Kohlendioxid zu binden, ist Zhou überzeugt. So könnten sich auch die Kosten von derzeit bis zu 1000 Euro senken lassen, um eine Tonne CO2 aus der Luft zu entnehmen. Für einen klimarelavanten Effekt wären jedoch gigantische Anlagen nötig. Allein um das Kohlendioxid aus der Luft herauszufiltern, das ein einziges der derzeit rund 27 000 Verkehrsflugzeuge jährlich ausstößt, bräuchte man etwa 160 Tonnen des neuen Materials.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2024/co2-speicher-molekuelgeruest-filtert-kohlendioxid-aus-der-luft/