Wie Wäsche trocknet

Kernspinanalysen offenbarten, wie Wassermoleküle in trocknenden Textilien zu Wasserdampf übergehen.

Jan Oliver Löfken

Vier T-Shirts hängen an einer Wäscheleine

iStock/BrianAJackson

Ein nasses Handtuch trocknet in einem warmen Luftstrom am besten. So bekannt dieser Effekt im Alltag ist, sind die Trocknungsprozesse bislang nicht experimentell untersucht worden. Diese im Detail zu analysieren, gelang Wissenschaftlern nun in einer Versuchsreihe mithilfe der Magnetresonanztomographie. Wie sie in der Fachzeitschrift „Physical Review Applied“ berichten, könnte ihre Studie dabei helfen, die Trocknungsprozesse sowohl von Textilien als auch von Werkstoffen wie Holz zu verbessern.

In einem nassen Stoffstück tritt Wasser grundsätzlich in zwei verschiedenen Zuständen auf: Zum einen sind Wassermoleküle über sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen an die Textilfasern gebunden. Verantwortlich hierfür sind Anziehungskräfte zwischen den Sauerstoff- und den Wasserstoffatomen der jeweiligen Moleküle im Wasser und in den Kleidungsstücken. Zum anderen zirkuliert Wasserdampf durch die Freiräume in einem mehr oder weniger dicht gewobenen Stoff. Beim Trocknen gibt der nasse Stoff den Wasserdampf in die Umgebungsluft ab. Dieses Zusammenspiel war bereits in theoretischen Modellen beschrieben worden, nun aber untersuchten es Philippe Coussot und seine Kollegen von der Universität Gustave Eiffel im französischen Champs-sur-Marne genauer.

Stark vergrößerte Aufnahme von Fasern; im Inneren der Fasern sind rote Punkte angeordnet, außerhalb davon blaue Punkte; gelbe Pfeile zeigen eine Wechselwirkung an

Trocknungsvorgang an Textilfasern

Für ihre Analysen befeuchteten die Forscher unterschiedlich dicht gewobene Stoffstücke, die aus Zellulose mit etwa 20 Mikrometer dicken und 700 Mikrometer langen Fasern bestanden. Diese Stoffe trockneten sie in einem kleinen Gefäß mit einem gleichmäßigen, trockenen Luftstrom. Um den Trocknungsvorgang zu analysieren, charakterisierten die Forscher die Atome mithilfe eines Magnetresonanztomographen – ein Gerät, das eine Eigenschaft der Atomkerne, den sogenannten Kernspin, misst. Für Wassermoleküle, die an Fasern gebunden sind, verhält sich dieser anders, als für Moleküle im Wasserdampf. Auf diese Weise bestimmten die Forscher den stetig sinkenden Anteil der an den Fasern gebundenen Wassermolekülen während der gesamten Trocknungsphase.

Die Messungen zeigten, dass sich die gebundenen und die im Wasserdampf zirkulierenden Wassermoleküle die gesamte Zeit in einem Gleichgewichtszustand befanden. Wurden also Wassermoleküle an die Umgebungsluft abgegeben, gingen sofort Wassermoleküle, die an den Stofffasern gebunden waren, in die Dampfphase über. Je stärker der Luftstrom und je poröser die Stoffproben waren, desto schneller verlief dieser Prozess. Diese Versuchsreihe bestätigt nicht nur das Modell, wie die Trocknung vonstattengeht. Sie bildet auch die Grundlage, um Faserwerkstoffe wie Hanf oder Holz optimal zu trocknen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2022/wie-waesche-trocknet/