Mit Supraleitern für mehr Sicherheit

Forscher aus Jülich entwickeln Test für gefährliche Flüssigkeiten. Eine auf Supraleitung basierte Spektroskopiemethode verspricht eine schnelle Analyse an Flughäfen.

Experimenteller Aufbau des Prototypen.

Experimenteller Aufbau des Prototypen.

Jülich - Im Jahr 2006 konnte ein Anschlag auf ein Flugzeug mit mitgebrachtem flüssigem Sprengstoff gerade noch rechzeitig vereitelt werden. Seitdem ist die Mitnahme von Flüssigkeiten und Gelen aller Art – von Getränken und Medikamenten bis hin zu Kosmetika und Hygieneartikeln – auf Linienflügen nicht mehr erlaubt. Wissenschaftlern vom Forchschungszentrum (FZ) Jülich ist es zu verdanken, dass möglicherweise bald ein effektives Kontrollgerät diese Einschränkungen überflüssig macht.

„Explosive Flüssigkeiten oder flüssige Komponenten, aus denen sich an Bord eines Flugzeugs Sprengstoff herstellen lässt, können mit unserer Methode in Bruchteilen einer Sekunde identifiziert werden. Unser Verfahren der Flüssigkeitskontrolle ist somit nicht nur weit schneller als andere, es ist auch viel zuverlässiger. Schließlich wird man die Mitnahme von Flüssigkeiten im Handgepäck erst dann wieder erlauben können, wenn gefährliche Stoffe sicher erkannt werden, ohne dass sich durch lange Nachweiszeiten und Fehlalarme lange Warteschlangen bilden“, erklärt Knut Urban, Institutsleiter am FZ Jülich.

Die Methode, die Urban und seine Mitarbeiter benutzen basiert auf der Spektroskopie mit elektromagnetischer Strahlung. Jedes Material zeigt bei Kontakt mit elektromagnetischen Wellen ein charakteristisches Absorptions- und Reflektionsverhalten. Aufgrund dieser Eigenschaft lässt sich jedem Stoff ein spezifisches Spektrum zuordnen, ähnlich wie ein Fingerabdruck einen Menschen eindeutig identifiziert. Bei bisherigen Ansätzen konnte aber nur ein kleiner Bereich des elektromagnetischen Spektrums genutzt werden, quasi nur ein Ausschnitt eines Fingerabdruckes. Dies führt zu Unklarheiten in der Unterscheidung gefährlicher und harmloser Substanzen, zum Beispiel, wenn Gemische verschiedener Stoffe vorliegen. Somit war an einen praktischen Einsatz dieser Technik bislang nicht zu denken.

Die Jülicher können mit ihrem neuen Spektrometer innerhalb von nur 200 Millisekunden (das sind 0,2 Sekunden) ein Spektrum in einem breiten Frequenzbereich von wenigen Gigahertz (1 Gigahertz = 1 000 000 000 Hertz) bis zu einigen Terahertz (1 Terahertz = 1000 Gigahertz = 1 000 000 000 000 Hertz) messen. Das ermöglicht einen eindeutigen Abgleich mit Referenzdaten gefährlicher Stoffe.

Möglich ist diese enorme Bandbreite durch den Einsatz eines supraleitenden Nanoelektronik-Bauteils, eines sogenannten Josephson-Kontaktes. Legt man eine elektrische Spannung an den supraleitenden Josephson-Kontakt an, so arbeitet er als spannungskontrollierter Oszillator bei einer Frequenz, die nur von der äußeren Spannung abhängt. Strahlt man auf den Josephson-Kontakt nun mit elektromagnetischen Wellen ein, so verschiebt sich die Oszillationsfrequenz bis auf die Frequenz der eingestrahlten Welle. Daraus folgt eine Modfikation der Strom-Spannungs-Kennlinie des Bauteils. Aus dieser Kennlinie lässt sich mit Hilfe einer mathematischen Operation, der sogenannten Hilbert-Transformation, das Spektrum der elektromagnetischen Strahlung berechnen, die den Kontakt beleuchtet. Deshalb heißt diese Messmethode ­­­­­­­– nach der mathematischen Operation – auch Hilbert-Spektroskopie.

Die Wissenschafler haben gezeigt, dass sie Flüssigkeiten wie Wasser, Ethanol, Methanol, Propanol und Aceton mit ihrer Technik erkennen können. Der nächste Schritt ist die Miniaturisierung und der Aufbau von Industrie-Kontakten für eine künftige Serienproduktion. Yuri Divin, der das Projekt federführend betreut: „Die Funktionsfähigkeit unserer Methode haben wir damit bewiesen. Nun arbeiten wir daran, das Gerät zu verkleinern und Details zu optimieren und auch andere Anwendungen zu untersuchen. Wir sind uns sicher, dass sich die Industrie interessiert zeigen wird, mit unserer Unterstützung ein marktfähiges Produkt zu entwickeln“.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2009/mit-supraleitern-fuer-mehr-sicherheit/