Holographische Bilder fast in Echtzeit
Bildschirm auf Polymerbasis erneuert dreidimensionale Projektionen alle zwei Sekunden - tausendmal schneller als bisher
Tucson (USA) - Menschen in weiter Ferne, deren dreidimensionales Bild mitten im Wohnzimmer steht. Konferenzen, bei denen die Teilnehmer alle zu Hause bleiben, aber virtuell und lebensecht am gleichen Tisch diskutieren. Ärzte, die an einem Körper operieren, der am anderen Ende der Welt liegt. Solche Visionen von holographischen Projektionen, die im Kino seit dem ersten Star Wars Film 1977 begeistern, sind in der Realität gerade ein enormes Stück näher gerückt. US-Forscher präsentieren ein neuartiges holographisches Display auf Kunststoffbasis, das sein Bild alle zwei Sekunden erneuert - mehr als hundertmal schneller als bisherige Techniken. Die Bildinformation wird über ein Ethernet übertragen. Zudem kann das Display seine Bilder auch in Farbe zeigen und der Zuschauer benötigt, anders als bei Pseudo-3D-Techniken wie im Kino, keine speziellen Brillen, um den Effekt wahrzunehmen. Mit dieser Entwicklung haben es die Forscher in der renommierten Fachzeitschrift "Nature" sogar zur Titelgeschichte gebracht. Sie legt die Grundlage für völlig neue Anwendungen in der Telemedizin und der Prototypen-Industrie, aber auch bei Werbung, Navigationssystemen und in der Unterhaltungsindustrie.
"Dieser Fortschritt bringt uns ein Stück näher an das ultimative Ziel realistischer holographischer Telepräsenz mit 3D-Bildern hoher Auflösung in voller Farbe und Menschengröße, die mit der Erneuerungsrate von Videofilmen von einem Teil der Welt in den anderen geschickt werden können", erklärt Nasser Peyghambarian, der Leiter des Projekts an der University of Arizona und Direktor des Engineering Research Center for Integrated Access Networks (CIAN) der nationalen US-Forschungsorganisation. Gemeinsam mit Hauptautor Pierre-Alexandre Blanche und Forschern der kalifornischen Firma Nitto Denko Technical Corp. entwickelte Peyghambarian die neue Bildschirmtechnik. Grundlage des neuen Displays ist ein lichtbrechendes Polymer, das mithilfe eines einzelnen Lasers "beschrieben" wird. Auf dieser Basis hatte das Team bereits 2008 einen Prototypen entwickelt, der seine Bilder allerdings nur einfarbig zeigte und nur alle vier Minuten erneuern konnte.
Holographie kann Objekte oder Szenen in drei Dimensionen wiedergeben, indem sie die Originale mithilfe eines Lasers abtastet, die Bildinformationen - statt von "Pixeln" wie im zweidimensionalen Bild spricht man hier von "Hogeln" - in die Phasen und Amplituden des Lichts zerlegt und samt räumlicher Anordnung an ein entferntes Ziel weiterleitet, wo diese Information auf einem Trägermaterial, wieder mithilfe von Lasern, erneut zusammengesetzt wird. Damit sieht der Betrachter sowohl die Intensität als auch die Fronten der Lichtwellen so, als sei das Licht direkt vom Original in seine Augen gestreut. Mit Silberhalid-Filmen, Photopolymeren oder anderem fixen Trägermaterial ist es seit geraumer Zeit kein Problem mehr, realistisch wirkende Abbilder zu erzeugen. Für dynamische, sich möglichst in Echtzeit verändernde Bildsequenzen jedoch fehlten bisher die Rechenpower und ausreichend flexible Materialien. Bisher im Kino oder bei anderen Experimenten zu sehende dreidimensionale Filme benötigen entweder Spezialbrillen, die das in seine Polarisationsebenen oder in unterschiedliche Farben zerlegte Licht unterscheiden, halbtransparente 2D-Bildschirme oder Techniken der digitalen Bildverschmelzung.
Wissenschaft aktuell
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2010/holographische-bilder-fast-in-echtzeit/