Quantenspeicher für abhörsichere Netzwerke
Kristalle "merken" sich den Zustand von verschränkten Lichtteilchen für Bruchteile von Sekunden
Paderborn/Calgary (Kanada) - Extrem schnelle Parallelrechner und komplett abhörsichere Datenleitungen versprechen die Entwickler von Quantencomputern. Zwar wirken erste Module mit gerade mal acht Quanten-Bits noch sehr bescheiden, doch überwinden die Quanteninformatiker immer mehr technologische Hürden. So berichten in der Zeitschrift "Nature" gleich zwei Arbeitsgruppen von ersten Kristall-Speichern für verschränkte Lichtteilchen, den Photonen. Diese sind notwendig, um Netzwerke für abhörsichere Quantendaten rund um den Globus spannen zu können.
"Unser Wellenleiter entspricht einem Kanal für einzelne Photonen", sagt Wolfgang Sohler von der Universität Paderborn. Nur wenige Mikrometer dick - feiner als ein menschliches Haar - ist ihre Faser aus Lithiumniobat. In diesen Kristall setzten die Forscher einzelne Thulium-Atome. Zusammen mit Kollegen von der kanadischen Unversität Calgary testete Sohler die Faser auf ihre Eignung für ein Quanten-Gedächtnis. Mit Erfolg.
Für ihren Test erzeugten die Physiker mit Laserlicht ein Photonenpaar, deren Eigenschaften quantenmechanisch gekoppelt, im Fach-Slang "verschränkt", waren. Der Vorteil dieser Kopplung: Wird der Zustand eines Photons bestimmt, ist automatisch und ohne Zeitverlust auch der Zustand des zweiten Photons bekannt. Dieses darf dabei sogar hunderte Kilometer entfernt sein. Diese Eigenschaft, die Albert Einstein schon als "spukhaft" bezeichnet hatte, ist die Grundlage für abhörsichere Datenleitungen.
Aber auch Signale verschränkter Photonen schwächen sich auf ihrem Weg durch Glasfaserkabel ab und müssen regelmäßig verstärkt werden. Der Paderborner Quantenspeicher liefert zur Lösung dieses Problem die Grundlage. Allerdings ist die Speicherdauer mit einigen Millionstel Millisekunden heute noch zu kurz. "Man hätte gerne einen Speicher für den Zeitraum von etwa einer Millisekunde", sagt Sohler. Da sich die Photonen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, könnten sie in diesem tausendstel Bruchteil einer Sekunde mehrere hundert Kilometer zurücklegen. Dies wäre der Abstand von zwei Signalverstärkern in einem Quantennetzwerk.
Nicolas Gisin und seine Kollegen von der Universität Genf rückten mit ihrem Speicherkristall diesem Ziel etwas näher. Sie erreichten mit einem Block aus Yttriumsiliziumoxid, dotiert mit Neodym, eine Speicherdauer von bis zu 200 Nanosekunden. Der Paderborner Speicher war allerdings deutlich kompakter und stabiler. Auf der Basis beider Forschungsansätze ließen sich in Zukunft vielleicht robuste Quantenspeicher für längere Zeiträume entwickeln.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2011/quantenspeicher-fuer-abhoersichere-netzwerke/