Kamera filmt Ausbreitung von Licht

Mit einer ausgeklügelten Aufnahmetechnik lassen sich bis zu hundert Milliarden Bilder pro Sekunde festhalten.

Jan Oliver Löfken

Filmrolle mit teils abgewickeltem Film

Um schnelle Ereignisse zu filmen, sind extrem kurze Belichtungszeiten nötig. Während herkömmliche Kameras im Millisekundenbereich an ihre Grenzen stoßen, lassen sich dank einer neuen Aufnahmetechnik nun bis zu hundert Milliarden Bilder pro Sekunde festhalten. In ersten Versuchen filmten die Entwickler auf diese Weise die Bewegung von Lichtpulsen. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, könnten mit der gleichen Technik die Dynamik von explodierenden Sternen oder die Aktivität von Biomolekülen im Körper genauer beobachtet und verstanden werden.

Ein Laserpuls in Form eines leicht verschmierten roten Flecks trifft auf eine geneigte glatte Spiegeloberfläche und wird an diesem reflektiert. Laserpuls wird an einem Spiegel reflektiert

Dieses Video zeigt, wie ein Laserpuls an einem Spiegel reflektiert wird.

„Zum ersten Mal kann man Lichtpulse während ihres Flugs sehen“, sagt Lihong Wang von der Washington University in St. Louis. Mit herkömmlichen Digitalkameras hat ihr Prototyp allerdings wenig gemein. Vielmehr optimierten sie eine vor Jahren entwickelte Aufnahmetechnik, bei der kurze Laserpulse von einem Objekt reflektiert werden und sich anschließend aus winzigen Unterschieden in der Laufzeit dieser Signale ein Abbild des Motivs berechnen lässt. Diese sogenannten Streak-Kameras lieferten bisher allerdings nur jeweils einen Bildpunkt pro Aufnahme. Viele Wiederholungen waren nötig, um ein ganzes Bild von einem Objekt zu erhalten.

Diese Wiederholungen erübrigen sich mit der neuen Kameratechnik, die die Forscher komprimierte, ultraschnelle Fotografie oder kurz CUP – compressed ultrafast photography – getauft haben. Mit nur einem Laserpuls konnten sie direkt zweidimensionale Bilder aufnehmen. Dazu erweiterten Wang und Kollegen eine Streak-Kamera mit einem Modul aus gut einer Million winziger Spiegel. Aus einem Lichtpuls entstanden so zahlreiche Reflektionen, die die Grundlage für das zweidimensionale Bild legten. Über einen speziellen Detektor wandelten die Forscher die Lichtpulse in elektrische Signale um, die eine schnelle Berechnung einer zweidimensionalen Aufnahme ermöglichten.

Eindrucksvoll demonstrierten die Wissenschaftler die hohe Geschwindigkeit ihrer Kamera mit der Beobachtung von Lichtpulsen, die sich unterschiedlich schnell durch Luft und in einem transparenten Kunstharz ausbreiteten. Die Aufnahmen zeigten, dass sich das Licht durch Luft – wie erwartet – fast mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit ausbreitete und im Kunstharz dagegen ein Drittel langsamer war.

Viele Anwendungen können sich Wang und Kollegen für ihre ultraschnelle Fotografie vorstellen. Integriert in Teleskope könnte diese Technologie detailreiche Schnappschüsse von Supernovae liefern. Kombiniert mit Fluoreszenzmikroskopen ließen sich biochemische Reaktionen filmen, um die Entwicklung von neuen Therapien zu erleichtern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2014/kamera-filmt-ausbreitung-von-licht/