Origami gegen Verkehrslärm
Jan Oliver Löfken
Je mehr Autos, desto lauter der Verkehrslärm. Doch Lautstärke und Frequenzen der störenden Schallwellen hängen auch vom Gewicht der Fahrzeuge, deren Geschwindigkeit und nicht zuletzt vom Straßenbelag ab. Ingenieure entwickelten nun einen Schallschutz, der sich über die Anordnung einzelner Kunststoffröhren variabel an den zu blockierenden Frequenzbereich anpassen lässt. Als Fundament für die Röhren nutzte das Team zueinander bewegliche Metallplatten, die es nach dem Vorbild der traditionellen japanischen Faltkunst Origami anordnete. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Journal of Applied Physics“ berichten, konnten sie die Lautstärke für einzelne Frequenzbereiche um bis zu 90 Prozent senken.
Mit seinem Kollegen Kon-Well Wang berechnete Manoj Thota von der University of Michigan in Ann Arbor die Ausbreitung, Streuung und Absorption von Schallwellen in einem Areal aus symmetrisch zueinander angeordneten Röhren über einen weiten Frequenzbereich. Auf der Basis dieser Berechnungen konstruierten die beiden Forscher eine Schallbarriere aus insgesamt 33 PVC-Röhren mit einem Durchmesser von jeweils zwei Zentimetern. Diese montierten sie senkrecht stehend auf kleine Aluminiumplatten, die eine faltbare Origamistruktur bildeten. Wurde diese Struktur gestaucht oder auseinandergezogen, falteten sich die Platten in variablen Winkeln auf und die Abstände zwischen den Röhren veränderten sich einheitlich.
Auf dieses Röhrenareal schickte das Team schließlich Schallwellen in einem Frequenzbereich zwischen 2,5 und 10,5 Kilohertz. Hinter dem Areal positionierten Wang und Thota ein Mikrofon, um die Schalldämpfung zu ermitteln. Je nach Anordnung der Röhren konnten die Schallwellen verschiedener Frequenzbereiche zwischen 3,5 und 7 Kilohertz um bis zu 90 Prozent gedämpft werden – entsprechend einer Verringerung der Lautstärke von etwa zehn Dezibel. Für eine flexible Schallschutzwand an einer Straße müssten die Dimensionen der Röhren und der Abstände etwa um das Siebenfache vergrößert werden. Die Berechnungen zeigten, dass dann Schallwellen im Frequenzbereich zwischen 500 und 1500 Hertz vergleichbar effizient gedämpft werden können. Genau diese Frequenzen sind maßgeblich für störenden Verkehrslärm verantwortlich. „Die Origamistruktur ermöglicht somit eine effektive Plattform, die sich an verschiedene Schallfrequenzen anpassen lässt“, so Thota.
Im Vergleich zu heute verwendeten massiven Schallschutzwänden wäre ein Röhrenareal winddurchlässig, deutlich leichter und günstiger. Zudem ließen sich die Röhren auch aus durchsichtigem Kunststoff fertigen. Ein erster Prototyp eines Schallschutzes aus schalldämpfenden Röhren wurde bereits in der niederländischen Stadt Eindhoven erfolgreich getestet. Mit einem faltbaren Origamifundament könnten die Eigenschaften weiter optimiert und an die dominierenden Frequenzen, die je nach Geschwindigkeit der Fahrzeuge variieren, flexibel angepasst werden.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2017/origami-gegen-verkehrslaerm/